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29.06.2003

Auf der Suche nach Informationen: Warum Google die Leute dazu bringt, Ihre Site schneller zu verlassen

Je leichter es ist gute Informationen zu finden, desto weniger Zeit werden die Anwender für den Besuch auf einer individuellen Website einsetzen. Das ist eine der vielen Schlussfolgerungen, die sich aus einer Analyse wie Leute Ihr Verhalten bezüglich Online-Informationssystemen optimieren ergeben haben.

 

by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) - 30.06.2003

 

"Information Foraging" ist das wichtigste Konzept, welches seit 1993 im Bereich der Mensch-Computer-Interaktionsforschung erschienen ist. Entwickelt wurde es am Xerox Parc von Stuart Card, Peter Priolli und Kollegen. Dieses Konzept des Aufspürens von Informationen nutzt, um zu analysieren wie Menschen online Informationen sammeln, als Analogie wilde Tiere, die Nahrung aufspüren.

Zu sagen, dass sich Webanwender wie wilde Tiere im Dschungel benehmen, hört sich zwar wie ein Witz an, es gibt aber substanzielle Daten, um diese Behauptung zu stützen. Tiere treffen Entscheidungen bezüglich wo, wann und wie sie fressen aufgrund hoch-optimierter Formeln. Diese 'Lebewesen' führen zwar keine mathematischen Berechnungen durch, ein suboptimales Verhalten endet aber im Verhungern und folglich in einer verminderten Nachkommenschaft, die diesem Verhalten in nachkommenden Generationen folgen. Nach tausenden von Generationen ist das optimalste Aufspüren von Nahrung alles was übrig geblieben ist.

Menschen stehen unter weniger evolutionärem Druck, ihre Webnutzung zu verbessern, aber unsere grundlegende Trägheit ist eine der menschlichen Eigenschaften, die überlebensbezogen sein könnte (Strengen Sie sich nicht an, es sei denn Sie müssen). Menschen möchten auf jeden Fall den maximalen Vorteil mit einem minimalen Aufwand erreichen. Das ist es auch, was "Information Foraging" für die Analyse von Online-Medien so wertvoll macht.

Die Fährte für Informationen: Den Erfolg eines Pfades voraussagen

Das bekannteste Konzept für das Aufspüren von Informationen ist die Informationsfährte: Anwender schätzen den wahrscheinlichen Erfolg einer vorgegebenen Jagd anhand der Spur ein: Sie schätzen ab, ob der gewählte Pfad Anzeichen für das gewünschte Resultat geben. Informationssuchende werden so lange weiter klicken bis sie das Gefühl haben, dass es "wärmer" wird (wenn wir bei Metaphern bleiben möchten) - die Fährte muss stärker und stärker werden, oder die Anwender geben auf. Und der Fortschritt muss dem Anwender gefühlsmässig schnell genug vorkommen, damit er den vorhersehbaren Aufwand, um das Ziel zu erreichen, wert ist.

Die offensichtlichste Design-Lektion dieser Informationsfährte ist, sicherzustellen, dass Links und die Beschreibungen von Kategorien explizit beschreiben, was Anwender an den Bestimmungsorten finden werden. Mit allen Navigationsoptionen konfrontiert, ist es am besten, wenn die Anwender den Weg zum Opfer klar erkennen können und sehen, dass andere Wege nichts geniessbares enthalten.

Nutzen Sie deshalb keine ausgedachten Wörter oder Ihre eigenen Slogans als Navigationsoptionen, weil sie nicht die Fährte für die gesuchten Sachen beschreiben. Die einfache Sprache funktioniert bei der Sichtbarkeit von Suchmaschinen auch am besten: Das Suchen stellt eine buchstäbliche Übereinstimmung zwischen den Worten, die der Anwender im Sinn hat und den Worten auf Ihrer Site zur Verfügung.

Zweitens sollte für den Anwender bei einer vertieften Suche immer noch klar zu erkennen sein, dass sie sich immer noch auf dem Pfad zur Nahrung befinden. In anderen Worten, stellen Sie Feedback über die aktuelle Position auf der Website zur Verfügung und zeigen Sie, wie es sich auf die Aufgabenstellung des Anwenders bezieht.

Auswahl bei der Diät: Was soll man essen

Ein Fuchs lebt in einem Wald mit zwei verschiedenen Arten von Kaninchen: Den grossen und den kleinen. Welche sollte er fressen? Die Antwort ist nicht immer "die grossen Kaninchen".

Ob man ein kleines oder ein grosses Kaninchen isst, hängt davon ab, wie einfach ein Kaninchen zu fangen ist. Wenn grosse Kaninchen schwer zu fangen sind, wäre es für den Fuchs besser, sie sein zu lassen und sich ausschliesslich auf das Fangen und Fressen der kleinen zu konzentrieren.

Der grosse Unterschied zwischen Websites und Kaninchen ist, dass Websites gefangen werden möchten. Die Frage lautet also, wie können Sie eine Website gestalten, um Ihren Inhalt für ausgehungerte Tiere attraktiv zu machen?

Die zwei Hauptstrategien sind, den Inhalt wie ein nahrhaftes Mahl aussehen zu lassen und zu signalisieren, dass es sich um einen einfachen Fang handelt. Diese beiden Strategien müssen in Kombination miteinander verwendet werden: Anwender werden die Site verlassen, wenn der Inhalt gut aber schwer zu finden ist, oder wenn er einfach zu finden ist, aber nur leere Kalorien anbietet.

Diese Doppel-Strategie ist der Grund, warum ich Ihnen empfehle, dass Sie Beispiele des Inhalts auf Ihrer Homepage präsentieren sollten (nahrhafte Erscheinung) und hervorstechend die Navigation und Sucheigenschaften anzeigen (demonstrieren Sie, dass die Anwender einfach finden können, wonach Sie suchen). Eine Diät-Auswahl unterstützt auch den traditionellen Rat gegen Bildschirmanzeigen mit Farbklecksen und nichts sagendem Inhalt. Diese Elemente vermitteln dem Nutzer, dass sie sich in einer lästigen Zerreissprobe befinden, welche nur hagere Nagetiere zur Belohnung hervorbringt.

Orte verlassen: Wenn man woanders jagen sollte

Uneinheitliche Umgebungen unterstützen verschiedene Bereiche, in denen das kollektive Spiel gekennzeichnet wird. Wo sollen die Raubtiere also jagen? Natürlich in denen, in welchen sich die meisten Opfer befinden. Aber, was passiert, nachdem sie etwas von diesem Spiel gegessen haben? Weiter in diesem Bereich jagen oder zu einem anderen wechseln? Die Antwort hängt davon ab, wie weit der nächste Bereich entfernt ist.

Im Web ist jede Site ein Bereich und die Informationen auf einer Site sind ein schmackhaftes Wildbret. Zwischen Sites hin- und herzunavigieren ist immer einfach gewesen. Aber von Gesichtspunkt des "Information Foraging" her betrachtet, war es am besten, wenn die Anwender tiefere Erwartungen hatten, weil eine beträchtliche Mehrheit der Websites schrecklich waren und die Wahrscheinlichkeit, dass die nächste Site besser sein würde extrem gering war. Folglich habe ich den ersten Webdesignern geraten, zwei Designstrategien zu folgen:

  • Erstens, überzeugen Sie die Anwender, dass die Site ihre Aufmerksamkeit wert ist. Wie bereits erwähnt, bedeutet das gute Informationen zu haben und das Auffinden dieser zu erleichtern.
  • Zweitens, erleichtern Sie es den Anwendern, wenn sie auf Ihrer Website ankommen, noch mehr gute Informationen zu finden, so dass sie eher auf Ihrer Site bleiben als woanders hinzugehen. Eine ganze Bewegung hat sich der Idee von Sites, die einen längeren Aufenthalt der Anwender fördern, gewidmet.

In den letzten Jahren hat Google diese Gleichung aufgehoben, indem sie die Betonung auf die Qualität der Sortierung der Suchergebnisse gelegt haben. Es ist nun für die Anwender extrem einfach geworden auch andere gute Sites zu finden.

"Information Foraging" sagt voraus, dass je leichter es ist, gute Sites zu finden, desto schneller verlassen die Anwender diese auch wieder. Je besser die Suchmaschinen werden, qualitativ hochstehende Sites hervorzuheben, desto weniger Zeit wird ein Anwender also auf jeder Site verbringen.

Die Verbreitung von Breitband-Standleitungen fördert diesen Trend hin zu kürzeren Besuchen ebenfalls. Dial-up-Verbindungen zum Internet sind irgendwie schwieriger und die Anwender machen dies hauptsächlich, wenn Sie viel Zeit haben. Im Gegensatz dazu fördern permanente Verbindungen das "Information Snacking", bei dem die Anwender kurz Online gehen und schnelle Antworten suchen. Das Gute ist, dass die Anwender die Sites häufiger besuchen, weil sie mehr Sessions haben, Sie öfter finden werden und die Sites schneller wieder verlassen.

Folglich sagt das Modell des häufigen Wechseln der Sites voraus, dass die Besuche immer kürzer werden. Google und die Standleitungen haben die ertragreichste Designstrategie verändert zu einer mit drei Komponenten:

  • Unterstützen Sie kurze Besuche; seien Sie ein Snack
  • Bringen Sie die Anwender dazu zurück zu kommen; nutzen Sie die Mechanismen, wie Newsletters als eine Erinnerung.
  • Legen Sie Wert auf eine gute Sichtbarkeit in den Suchmaschinen und anderen Wegen, um die Häufigkeit der Besuche zu steigern, indem Sie die dringendsten Bedürfnisse der Anwender adressieren.

"Informavore" Navigationsverhalten

Das Aufspüren von Informationen präsentiert viele interessante Metaphern und mathematische Modelle, die das Anwenderverhalten analysieren. Das wichtigste Konzept ist das der Kosten-Nutzen-Analyse für die Navigation, wo Anwender üblicherweise Kompromisse eingehen müssen, die auf zwei Fragen beruhen:

  • Welchen Gewinn kann ich von einem speziellen Informationsbaustein (wie einer Website) erwarten?
  • Wie hoch sind die wahrscheinlichen Kosten, um die Information zu entdecken und zu konsumieren? (Die Kosten werden typischerweise in Zeit und Bemühung gemessen, obwohl es einen finanziellen Bestandteil in einem Micropayment-System mit einschliessen könnte.)

Beide Fragen ziehen Schätzungen mit ein, welche die Anwender entweder durch ihre Erfahrungen machen können oder durch Designstichworte. Designer von Websites können folglich die Analyse beeinflussen, wenn sie den Gewinnerwartungen der Anwender entsprechen und ihre erwarteten Kosten reduzieren. Natürlich ist es schlussendlich selbstverständlich wichtiger, was die Website wirklich liefert, aber Sie bekommen niemals einen erfahrenen Wiederkehrer, es sei denn, der erste Eintritt war erfolgsversprechend.

Wie das Model des häufigen Wechsels der Sites veranschaulicht, Anwender optimieren den Kostenaspekt relativ zu persönlichen Eigenschaften und innerhalb eines Systems, das grösser ist als jede einzelne Website. Zusätzlich zu den detaillierten Einblicken individueller Modelle ist es gesund zu erinnern, dass Anwender in Anbetracht ihrer Kosten-Nutzen-Analyse egoistisch, faul und unbarmherzig sind.

Anmerkung: "Information Foraging" oder das Aufspüren von Informationen ist ein komplexer Vorgang. Sie finden ein CHI-95 Paper der beiden erwähnten Autoren in englischer Sprache unter http://www.acm.org/sigchi/chi95/Electronic/documnts/papers/ppp_bdy.htm

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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