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22.05.2005

Das anerkannte Intranet-Homepage Design

In den letzten Jahren hat sich das Design von Intranets stark angenähert. Doch auch gleich aussehende Intranets unterscheiden sich drastisch in der Usability, da sie verschiedene Funktionen und Inhalte aufweisen.

 

by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) - 23.05.2005

 

In den letzten fünf Jahren habe ich einige hundert Intranets überprüft und dabei einen eindeutigen Trend beobachtet: Intranet-Designs werden sich mit der Zeit immer ähnlicher. Wir haben einen Punkt erreicht, an dem ein spezifisches Layout so verbreitet ist, dass es Sinn macht, es zum "de facto Standard"-Design zu erklären.

Die folgende Grafik habe ich erstellt, indem ich Screenshots von zehn grösseren Intranet-Homepages übereinander gelegt habe. Jeder Screenshot weist ein paar Abweichungen auf, aber die Grafik zeigt deutlich eine Tendenz zur Uniformität bei den Layouts. Und so sieht das allgemeinverbindliche Layout für Intranet-Homepages aus:

10 übereinandergelegte Intranet-Designs
zusammengesetztes Bild aus 10 Intranets

  • Waagerechter Balken oben: farbiger Hintergrund, 100 Pixel hoch. Normalerweise verwendet für das Logo, eine globale Navigation (oft in Form von Tabs) und eine Suchbox.
  • Linke Spalte: farbiger Hintergrund, 200-250 Pixel breit. Normalerweise verwendet für eine Navigationsleiste mit Untermenüs und/oder Kontextmenüs zu Optionen des aktuellen Intranet-Teilbereichs.
  • Mittlerer Bereich: weisser Hintergrund, 400-600 Pixel breit. Üblicherweise einspaltig (manchmal auch zwei schmalere Spalten), enthält ein paar Fotos oder Illustrationen, eine paar aktuelle Schlagzeilen und Boxen mit Portlets zu den wichtigsten Funktionen und Anwendungen im Intranet.
  • Rechte Spalte: weisser Hintergrund, 200-250 Pixel breit. Normalerweise verwendet für Boxen, manche mit farbigen Inhalten oder Bildern.

Ist die Uniformität der Intranets gut oder schlecht?

Ist es schlimm, dass die meisten Intranets gleich aussehen? - Nicht wirklich, zumal die Nutzer nur das Design ihrer eigenen Firma zu sehen bekommen. Es besteht also keinerlei Verwechslungsgefahr.

Ausserdem ist eine gewisse Übereinstimmung verständlich: In gewissem Sinn lösen alle Intranets das gleiche Problem, nämlich die internen Informationen und Anwendungen des Unternehmens den Mitarbeitern leicht zugänglich zu machen. Je mehr wir die Usability von Intranets studieren, desto häufiger entdecken wir gute Lösungen für häufig auftauchende Designfragen.

Viele Intranets werden auf Basis von Portal-Software Plattformen erstellt. Diese legen nahe, dass man die Intranet-Homepage aus einer Reihe von so genannten Portlets zusammensetzt. Das Erscheinungsbild dieser Designvorlagen ist zwar nicht besonders attraktiv, aber es funktioniert. Das ist ein weiterer Grund für die festgestellte Uniformität der Intranets.

Bei einem meiner jüngsten Intranet-Usability-Seminare fragte mich ein Teilnehmer, ob Intranet-Designer überhaupt eine Zukunft hätten. Seine Sorge war, dass die zunehmende Verbreitung von Portal-Plattformen den Intranet-Teams immer mehr Arbeit abnehmen. Wird es also dort in der Zukunft überhaupt noch Jobs geben?

Ja, davon bin ich überzeugt. Intranet-Designer haben brillante Karriereaussichten, auch wenn das Oberflächendesign immer stärker vereinheitlicht wird und viele Funktionen nicht mehr von Hand kodiert sondern standardmässig bereitgestellt werden.

Derzeit haben die meisten Intranets eine schlechte Usability, weil das Projekt für das zur Verfügung stehende Personal zu gross ist. Die Unternehmen sollten dafür sorgen, dass sich ihre Intranet-Teams auf die wichtige Arbeit an der Usability konzentrieren können - und den Rest einer Standard-Software überlassen. Wenn sie sich mit trivialen Funktionen abgeben, nutzen sie Ihre Zeit schlecht. Wenn sie einen strategischen Beitrag leisten, indem sie machtvollere Werkzeuge einsetzen, steht ihnen eine viel bessere Karriere bevor.

Die Unterschiede: Farben, Funktionen, Informationsarchitektur und Inhalte

Während sich die Layouts zu einem Standard hin entwickeln, weichen die Farbschemata stark voneinander ab. Die Fähigkeit, ein Intranet zu nutzen, hängt nicht von besonderen Farben ab. Aus zwei Gründen sind Farben aber von Bedeutung: um die Unternehmenskultur zu betonen und um Konsistenz im gesamten Intranet herzustellen. In den vergangenen Jahren verfolgten fast alle betrachteten Redesigns den Zweck, das Intranet-Design besser mit dem Branding des jeweiligen Unternehmens in Einklang zu bringen. Mit diesem Ziel gelingt es den Intranet-Teams, inkonsistente Unterbereiche einzelner Abteilungen loszuwerden.

Intranets weisen grundlegendere Unterschiede auf, und zwar bei der Funktionalität, in der Struktur ihres Informationsraumes (Informationsarchitektur) und in den eigentlichen Inhalten. Diese Faktoren variieren stark von Intranet zu Intranet, weil sie von den Eigenheiten der Unternehmen abhängen.

Verschiedene Branchen haben verschiedene aufgabenspezifische Intranet-Funktionen. Die Mayo-Klinik zum Beispiel, die eines der zehn besten Intranets des Jahres 2003 hatte, bietet eine Übersicht über die freistehenden Betten in all ihren Krankenhäusern - eine Funktion, die man im Intranet von NedTrain (einem Gewinner von 2005) kaum suchen wird. Die Killer-Applikation im Intranet des Bahnwartungsunternehmens NedTrain ist ein Echtzeitinventar über alle verfügbaren Ersatzteile. Vom Ansatz her scheinen die beiden Funktionen ähnlich zu sein, aber die grossen Unterschiede zwischen Krankenhausbetten und Maschinenersatzteilen führen zu vollkommen unterschiedlichen Designs.

In ähnlicher Weise haben kleine, wissensintensive Unternehmen andere Inhalte und eine andere Informationsarchitektur als riesige Industrieunternehmen, die wiederum anders sind als grosse Verwaltungseinrichtungen - auch wenn sie genau so viele Mitarbeiter haben. Ausserdem sind multinationale und mehrsprachige Intranets ganz anders als Intranets, die ein einzelnes Land bedienen, auch wenn ihre Layouts im Grunde gleich sind.

Bei der Analyse von Intranets finde ich oft dramatische Usability-Unterschiede bei Designs, die (mit ein wenig blinzeln) im Grunde gleich aussehen.

Das heisst: Selbst wenn das Branding des Unternehmens das visuelle Erscheinungsbild eines Intranets bestimmt und eine Portal-Software über das Layout entscheidet, brauchen die Unternehmen immer noch ihre Intranet-Teams, die sich auf die Faktoren mit tieferer Bedeutung konzentrieren: auf Funktionen, Inhalte, die Informationsarchitektur und andere Aspekte des Interaktionsdesigns.

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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