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02.08.2009

Soziale Netzwerke in Intranets

Community-Funktionselemente breiten sich aus und entwickeln sich von "Web 2.0" zu "Enterprise 2.0". Untersuchungen in 14 Firmen haben gezeigt, dass viele diese sozialen Intranetfunktionen produktiv nutzen.

 

by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) - 03.08.2009

 

Mehrere Forschungsrunden zu Intranetportalen haben uns wiederholt zu den gleichen Schlussfolgerungen geführt:

  • Wenn die Informationsarchitektur des Intranets entlang des Organisationsschemas des Unternehmens aufgebaut ist, finden sich die Mitarbeiter nur schwer zurecht. Es ist besser, Informationen so zu strukturieren, wie die Leute sie nutzen, und nicht danach, zu welcher Abteilung die jeweilige Information gehört.
  • Rollenbasierte Personalisierung macht es möglich, dass Portale einen zentralen Überblick über alle nformationen erzeugen. Nutzer müssen dann nicht mehr einen riesigen Informationsraum auf der Suche nach weit verstreuten, persönlich relevanten Informationen absuchen.

Soziale Funktionselemente in Intranets bringen diese beiden Trends noch einen Schritt weiter, indem sie eine "personenartig strukturierte Intranet-IA" kreieren, die sich auf die jeweiligen Nutzer und auf die Leute in seinem persönlichen Intranet-Umfeld konzentriert.

Ob ausgereift oder nicht, Enterprise 2.0 ist da

Da die Menschen in ihrem Privatleben soziale Medien begeistert nutzen, erwarten sie natürlich auch, ähnliche Werkzeuge innerhalb ihrer Firma vorzufinden. Das ist vor allem bei jüngeren Mitarbeitern der Fall, die diese Werkzeuge täglich nutzen. Offene Kommunikation, Zusammenarbeit und das Erzeugen von Inhalten sind genau so in ihrem normalen Werkzeugkoffer enthalten wie Computer oder Mobiltelefone.

Wie sollten Firmen also mit der wachsenden Erwartung umgehen, dass "Web 2.0" "Enterprise 2.0" vorantreiben wird?

  • Wenn die Firmen sich damit Zeit lassen, riskieren sie, Mitarbeiter zu verlieren, die davon ausgehen, dass sich Innovationen der Aussenwelt direkt in der Kommunikation am Arbeitsplatz widerspiegeln.
  • Wenn sich die Firmen für eine schnelle Einführung entscheiden, müssen sie Wege finden, die Risiken für die Unternehmenskultur zu bewältigen, die eine Übernahme dieser Werkzeuge mit sich bringen kann.

Wenn Ihre Organisation noch unsicher ist, wie sie mit diesen aufkommenden Technologien verfahren soll und wie sie sie an Ihre Kultur anpassen kann, sind Sie in guter Gesellschaft.

Ein Hauptergebnis der Interviews aus unserer Studie ist, dass die meisten Firmen bei der umfassenden Einführung von Web-2.0-Techniken noch nicht allzu weit fortgeschritten sind - es sei denn, man sieht im "Nachdenken über soziale Software" einen Fortschritt. Der oft wiederholte Refrain unserer Interviewpartner lautete: "Sprechen Sie uns nächstes Jahr wieder an!"

Aber für Organisationen, die den Sprung gewagt haben, stehen einige Dinge schon fest. Soziale Software ist kein Trend, der einfach ignoriert werden kann. Er bewirkt, dass sich die Erwartung der Menschen an die Kommunikation sowohl miteinander als auch mit den Firmen, mit denen sie Geschäfte machen, grundlegend verändert. Firmen können hier nicht einfach einen Strich ziehen und sagen, es sei OK, wenn die Mitarbeiter Web 2.0 für die Kommunikation mit Kunden nutzen, nicht aber für die Kommunikation miteinander.

Aufgrund der momentanen wirtschaftlichen Lage haben die Firmen an mehreren Fronten zu kämpfen; schnell ein paar "Tools, die Teenager nutzen", ins Firmen-Intranet einzubauen, mag nicht unbedingt hohe Priorität haben.

Das könnte auch erklären, warum in unseren Studien erfolgreiche Initiativen für die Nutzung sozialer Medien in vielen Firmen aus untergründigen Bemühungen an der Basis entstanden sind. Das ist zunächst überraschend, da Firmen oft bei Technologie-Initiativen die Zügel eher kurz halten und gerne allen Mitarbeitern eine Standard-Nutzeroberfläche bis hin zu einer vorgeschriebenen Version des Webbrowsers aufzwingen. Eine Einführung regelrechter Web-2.0-Werkzeuge "von unten" scheint ein wenig untypisch, aber die Nutzer erkennen den Wert dieser Werkzeuge anscheinend eher als die Geschäftsführer und können diesen Wert auch auf interne Nutzungen übertragen.

Fallstudien

Um herauszufinden, wie man soziale Funktionen am besten in Intranets einsetzen kann, sind wir unserem üblichen Ansatz treu geblieben: den Wirbel darum, was gerade angesagt ist, haben wir umschifft und stattdessen genau untersucht, was im wirklichen Leben funktioniert. Für dieses Projekt haben wir Fallstudien in 14 Firmen in 6 Ländern erfasst:

  • AXA UK
  • Agilent Technologies, Inc.
  • American Electric Power (AEP)
  • BT
  • IBM
  • Intel
  • Johnson & Johnson Pharmaceutical Research & Development, L.L.C.
  • Officenet Staples Argentina
  • Portugal Telecom - Sistemas de Informação
  • Philips Healthcare (eine Abteilung von Koninklijke Philips Electronics N.V.)
  • The Rubicon Project
  • Sprint Nextel Corporation
  • Sun Microsystems, Inc.
  • Telecom New Zealand Limited

Dazu kamen Informationen aus einigen Firmen, die lieber anonym bleiben wollen.

Ergebnisse

Hier sind einige Erkenntnisse über die von uns untersuchten Ansätze zu sozialen Medien, die Sie vielleicht überraschen werden:

  • Bemühungen an der Basis führen zu grossen Ergebnissen. Die Firmen ignorieren die Bemühungen für soziale Software an der Basis einfach so lange, bis sie sich als wertvoll herausgestellt haben, und unterstützen sie dann innerhalb ihres Unternehmens.
  • Sachbearbeiter treiben die Vision voran. Die Abteilungsleiter sind oft nicht offen für die Möglichkeiten einer Enterprise-2.0-Innovation, weil sie diese Werkzeuge nicht aktiv ausserhalb ihrer Arbeit nutzen. Tatsächlich betrachten viele Abteilungsleiter solche Werkzeuge immer noch als etwas, das nur etwas für ihre Kinder ist. Eins der Geheimnisse von Enterprise 2.0 ist, dass man jüngere Mitarbeiter nicht erst davon überzeugen oder sie im Umgang mit diesen Tools schulen muss; sie warten darauf und integrieren sie so leicht in ihr Arbeitsleben, wie sie dies auch in ihrem Privatleben tun.
  • Communities sind selbstregulierend. Wenn Communities sich selbst überlassen sind, überwachen sie sich selber und lassen kaum die Notwendigkeit einer strikten, organisatiorischen Kontrolle aufkommen. Und eine solche Peer-to-Peer-Kontrolle ist oft wesentlich effektiver als ein Big-Brother-Vorgehen. Die Firmen, die wir untersucht haben, gaben an, dass Missbrauch in ihren Communities selten sei.
  • Der grosse Antrieb ist der Bedarf. Obwohl unser Bericht spezielle Werkzeuge behandelt (Blogs, Wikis und dergleichen), handelt es sich bei der Stärke von Enterprise 2.0 nicht um Werkzeuge, sondern um den Wandel in der Kommunikation, den diese Werkzeuge ermöglichen.
  • Die Organisationen müssen Macht abgeben. Der Gebrauch von Web-2.0-Techniken in der Kommunikation mit den Kunden hat vielen Firmen gezeigt, dass sie die Mitteilungen nicht mehr kontrollieren können. Das Gleiche ist der Fall, wenn Web-2.0-Werkzeuge für die interne Kommunikation verwendet werden. Firmen, die sich bislang bei firmeninternen Mitteilungen an ein Paradigma der Anordnung und Kontrolle gehalten haben, finden es immer schwerer, das aufrecht zu erhalten.

Die Werkzeuge stehen zwar nicht im Mittelpunkt, aber es kommt durchaus auch auf sie an

Die Menschen halten sich instinktiv an Spezifika, um übregreifende Konzepte zu veranschaulichen. Bei Web 2.0 sind diese Spezifika die Werkzeuge. Wenn jemand "Web 2.0" sagt, folgen oft Begriffe wie Blog, Wiki, Tagging oder sogar Markennamen wie Facebook, Twitter, Wikipedia oder YouTube. Aber in Wahrheit geht es bei sozialer Software weniger um die Werkzeuge, sondern vielmehr darum, was diese Werkzeuge die Nutzer tun lassen und welche Geschäftsprobleme die Werkzeuge ansprechen.

Ein generelles Ergebnis quer durch all unsere Fallstudien ist, dass Organisationen nur dann mit sozialen Medien und Kollaborationstechniken Erfolg haben, wenn die Werkzeuge so entworfen sind, dass sie einen erkannten geschäftlichen Bedarf befriedigen. Verschiedene Firmen haben verschiedene Prioritäten und nutzen unterschiedliche Formen der internen Kommunikation; nicht jede Firma braucht jedes Tool. Es scheint zwar offensichtlich zu sein, dass die Werkzeuge passend zum Bedarf ausgesucht werden sollten, dem steht jedoch der Technikfetischismus entgegen, der das ganze Gerede um die letzten Internet-Modeerscheinungen beherrscht.

Anstatt also zu sagen: "X ist gerade schwer angesagt im Web, lasst uns das ins Intranet bringen", fragen Sie lieber: "Wir wollen Y erreichen; kann uns X dabei helfen?"

Sobald man diese Perspektive einnimmt, folgen die Werkzeuge dieser Prämisse und müssen entsprechend in die gesamte Intranet-Nutzerpraxis integriert werden. In den Projekten konzentrieren sich die Teams also darauf, die Werkzeuge zu optimieren und Verbindungen unter ihnen herzustellen. Eine alte Lektion gilt auch für soziale Software: Eine Anhäufung isolierter Werkzeuge führt zu einem unzusammenhängenden Nutzererlebnis und dazu, dass Mitarbeiter viel Zeit damit verschwenden, sich von einer Umgebung zur anderen zu bewegen.

Seit mehr als einem Jahrzehnt reden wir schon über die Notwendigkeit eines einheitlichen Intranet-Nutzererlebnisses, von konsistentem Design und von Funktionen, die um die Menschen und nicht um die Technologie herum organisiert sind. All das gilt nach wie vor.

Nutzer behutsam anleiten und soziale Funktionen integrieren

Während manche Nutzer eifrig Community-Funktionen um ihrer selbst willen aufgreifen, werden andere skeptisch sein und etwas Orientierungshilfe benötigen. Es ist oft besser, wenn Sie die neuen Werkzeuge nicht als neue Werkzeuge anpreisen. Integrieren Sie sie stattdessen einfach in das bestehende Intranet, so dass die Nutzerihnen ganz selbstverständlich begegnen.

Sie können zum Beispiel eine bestehende Lesezeichen- bzw. Favoriten-Funktion in eine für die Gemeinschaft gemeinsam verwendbare Lesezeichen-Funktion umwandeln, und das ohne grosses Trara. Oder, anstatt den angsteinflössenden Begriff "RSS" zu verwenden - von dem wir wissen, dass er viele Leute verwirrt - verwandeln Sie doch einfach behutsam eine existierende Nachrichtenliste in einen Newsfeed mit angemessenen Bearbeitungsfunktionen, die die Nutzer nach und nach entdecken können. Es ist wichtig, dass solche Feeds schon mit passenden Informationen vorbestückt sind; wenn Sie den Nutzern einen leeren Bildschirm zum individuellen Einrichten anbieten, werden Sie oft erleben, dass soziale Medien genau so zu einer Schreibblockade führen können wie ein leeres Blatt Papier. Glücklicherweise haben Sie, wenn Sie soziale Medien für ein Intranet entwerfen, schon einen riesigen Vorteil gegenüber jemandem, der etwas ähnliches für das Internet machen soll: Sie wissen genug über Ihre Mitarbeiter und ihre Arbeit, um im Voraus Dinge auszusuchen, die sie vermutlich interessieren könnten.

Es ist wichtig, soziale Funktionselemente in das Haupt-Intranet zu integrieren, damit man die Nutzer nicht mit doppelter Arbeit belastet. Zwingen Sie die Nutzer zum Beispiel nicht, ihr Profil oder Foto sowohl in dem traditionellen Mitarbeiterverzeichnis als auch in einem Facebook-ähnlichen sozialen Netzwerk zu aktualisieren.

Allerdings haben einige unserer Fallstudien erfolgreich eine abgestufte Vorgehensweise angewendet, indem sie zunächst soziale Funktionen aufgrund ihres unterschiedlichen Designs separat vom Haupt-Intranet eingerichtet haben. Letztendlich sollten diese Funktionen integriert werden, idealerweise als Teil eines grösseren Projekts, bei dem das gesamte Portal umgestaltet wird.

Es ist auch wichtig, Mittel für die Verwaltung der Community einzukalkulieren - nicht um die Konversation zu kontrollieren, sondern um sie etwas anzuleiten. Ausgewählte Community-Leiter sollten als Vermittler und Moderatoren dienen. Sie können auch wieder frischen Wind in eingeschlafene Bereiche bringen. Da er immer nah am Geschehen ist, wird ein Community-Leiter auch wissen, wann die Zeit gekommen ist, mit etwas Schluss zu machen und es nicht über seine Zeit hinaus zu forcieren.

Vernetzung ist nicht nur eine technische Angelegenheit, sondern auch eine organisatorische. Wenn zum Beispiel ein bestimmtes Fazit im Diskussionsforum Gestalt annimmt, dann muss der nächste Schritt nicht nur Gerede, sondern eine Tat sein. Es genügt nicht, nur Wissen aufzubauen; das Feedback muss von dort aus weitergehen an den Verkauf, ans Marketing, und andere Gruppen, die dafür verantwortlich sind, dass die Dinge erledigt werden. Um bloss einen Trend zu erfassen, mag es reichen, einen kurzen Bericht an die Hauptverantwortlichen zu schreiben, aber für solche Feedbackschleifen brauchen Sie jemanden mit expliziter Arbeitsaufgabe, sonst finden sie vielleicht niemals statt.

Wie im offenen Internet gibt es auch in Firmen-Communities erhebliche Beteiligungsungleichheiten: Manche Mitarbeiter beteiligen sich stark, während sich andere aufs Kiebitzen beschränken. Demnach ist es wichtig, den Wert einer Community in einer Kombination aus aktiven Beiträgen und passiver Nutzung zu sehen, weil auch die, die nur zuschauen, profitieren. Der Wert, den diese Mitarbeiter aufgrund ihres gesteigerten Wissens und Verständnisses der Firma beisteuern können, sollte Ihrer Enterprise-2.0-Initiative zugerechnet werden.

In manchen Fällen können sogar einige wenige Aktive dem Rest der Organisation einen erheblichen Wert hinzufügen. In unseren Fallstudien war dies oft der Fall bei Tagging- oder Bewertungssystemen, die die Qualität der Ergebnisranglisten von bekanntermassen kränkelnden Intranetsuchen erheblich verbessern. Traditionelle Methoden der Relevanzbewertung im Web funktionieren auf der meist kleineren Ebene der Intranets nicht so gut: Das Zählen von Links sagt zum Beispiel nur dann etwas aus, wenn man dies über eine riesige Menge von Links tut. Aber selbst wenn nur einige wenige Mitarbeiter eine Seite mit einem bestimmten Schlagwort taggen, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Seite bei einer entsprechenden Suchanfrage im Kontext Ihrer Firma verdientermassen weit oben landet.

In früheren Intranet-Usability-Studien haben wir herausgefunden, dass es entscheidend ist, eine einheitliche Suchfunktion quer durch alle Intranetquellen anzubieten. Das gilt auch für soziale Intranetfunktionen: Sie sollten im Rahmen der allgemeinen Intranetsuche durchsucht werden und nicht über separate Suchfunktionen des jeweiligen Werkzeugs. Je nach Art der Implementierung kann der Bedarf nach einer integrierten Suchfunktion ein starkes Argument gegen ausgelagerte oder gehostete soziale Software sein, weil viele SaaS-Dienste keine einheitlichen Suchfunktionen unterstützen.

Inhalt ist König 2.0

Für fast alle Enterprise 2.0 Werkzeuge gilt, dass der Inhalt der König ist. Das Tool selbst ist ein Nichts; der Wert kommt aus der Stärke des Inhalts. Ein leeres Wiki kann ein einsamer Ort sein, den Sie den Nutzern kaum verkaufen können. Aber wenn die Nutzereine Umgebung mit vorplatzierten Inhalten finden, auf die sie aufbauen können, werden sie schnell den Wert eines Werkzeugs erkennen.

Neben dem Bereitstellen von sozialen Werkzeugen mit vorab eingestellten Inhalten sollten Sie es den Nutzerauch leicht machen, Inhalte aus bereits bestehenden Wissensbeständen und PC-Anwendungen zu importieren.

Ein bisschen Training

Generell sollten Sie soziale Werkzeuge entwerfen, die die Mitarbeiter leicht ohne spezielles Training nutzen können. Sie können dieses Ziel erreichen, indem Sie einmal die Usability-Richtlinien befolgen, und indem Sie beliebte Designs des offenen Internets nachahmen. So könnte zum Beispiel Ihre Bewertungsskala sich dem Fünf-Sterne-System anschliessen, das man von Amazon und Netflix kennt.

Gleichzeitig können Sie nicht davon ausgehen, dass alle Mitarbeiter mit sozialen Netzwerkdiensten vertraut sind. Für manche Leute wird die Einführung solcher Werkzeuge ins Intranet ihre erste Begegnung mit dieser Sparte von Nutzeroberflächen bedeuten. Während Twitter zum Beispiel unter Leuten berühmt ist, die sich für solche Dinge interessieren, hat es nach wie vor weniger als 100 Millionen Nutzer - was nichts ist verglichen mit den 1,6 Milliarden Menschen, die sich im Internet bewegen. Wenn Sie also Yammer vorstellen, genügt es nicht, zu sagen, es sei "ein Twitter fürs Unternehmen". Wenn Sie es als "Mikro-Blogging" erklären, wird das für viele Mitarbeiter sogar noch weniger hilfreich sein, besonders für ältere. Sie werden vereinfachte Schulungsmaterialien benötigen, um den Nicht-Eingeweihten dabei zu helfen, den Umgang mit diesen Diensten zu verstehen.

Die Frage ist weniger, wie die Nutzeroberfläche zu betätigen ist (gehen wir davon aus, dass sie gemäss den Usability-Prinzipien entworfen wurde). Das Hauptanliegen der Schulung liegt darin, wie geschäftlicher Nutzen aus diesen neuen Werkzeugen gezogen werden kann. Sogar die Mitarbeiter, die soziale Werkzeuge häufig im Web nutzen, können von einer Schulung zum adäquaten Verhaltenskodex für die Firmennutzung profitieren.

Offene Kommunikation?

Umfassende Nutzung von internen sozialen Medien reisst Kommunikationsbarrieren ein. Das klingt gut, aber es kann auf Leute bedrohlich wirken, die gewohnt sind, ein Monopol über Informationen und Kommunikation zu haben. Ironischerweise sträuben sich manchmal die Abteilungen für Unternehmenskommunikation gegen eine umfassendere Kommunikation. Es wäre ihnen jedoch besser damit gedient, wenn sie Wege finden, den Nutzen von neuen Medien zu erhöhen, als wenn sie versuchen, ihn zu unterdrücken.

Die Unternehmenskommunikation muss sich an die Echtzeitkultur der sozialen Medien anpassen und viel proaktiver werden als in der Vergangenheit. Abläufe, bei denen die Entscheidungsfindung Tage oder Wochen dauert, müssen sich in extremer Weise stromlinienförmig machen, sonst läuft die Geschichte an ihnen vorbei. Abermals gilt, es geht um geschäftlichen und organisatorischen Wandel und nicht nur die "2.0"-Werkzeuge selbst.

Bevor Sie Intranet-Kollaborationswerkzeuge einführen, müssen Sie über Ihre Firmenkultur nachdenken. Wenn die Leute sich sehr dem Grundsatz "Wissen ist Macht" verbunden fühlen und nicht teilen wollen, dann werden Mitnutzungstechniken vermutlich fehlschlagen.

Es kann traditionalistische Führungskräfte ziemlich nervös machen, mit ansehen zu müssen, wie Mitarbeiter ganz offen über die Firmenstrategien diskutieren. Aber wenn man die Kontrolle über Informationen, die im Intranet ausgetauscht werden, lockert, kann man darüber gleichzeitig ein viel grösseres Risiko in den Griff bekommen: dass Mitarbeiter in sozialen Medien des offenen Internets Dinge ausplaudern. Wenn die Leute interne Medien zur Hand haben, dann werden sie ihre Fragen und Bemerkungen dort eintragen, anstatt nach draussen zu gehen.

Da sie stetig anwachsen, können nutzergenerierte Inhalte Mitarbeitern helfen, ihre Fragen zu beantworten. Gleichwohl bleibt eine Rolle für "offizielle" Inhalte erhalten, wenn ws um offizielle Grundsätze und Positionen geht. Diese beiden Arten von Inhalt sollte man nicht trennen - die Richtlinie, eine einheitliche Intranetsuchfunktion anzubieten, wird hier massgeblicher denn je. Aber Ihr Design sollte den unterschiedlichen Status der verschiedenen Arten von Inhalt widerspiegeln, mit offiziellen Informationen, die auch als solche gekennzeichnet sind, und möglicherweise auch farbkodiert für ein leichtes Überfliegen von Suchergebnisseiten und anderen Listen.

Wie eine verstopfte Abflussrinne läuft das Internet über von irrelevanten Beiträgen. Wollen Sie solchen Schrott in Ihrem Intranet? Selbst Internet-Beiträge, die nicht anstössig sind, sind oft nur banale "Ich-auch"-Botschaften, die die wertvolle Zeit ihrer Leser verschwenden. Wenn es sich bei dieser Zeit um die Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter handelt, dann ist Ihr erster Impuls vielleicht, dass Sie solche Kommunikationen beenden wollen, um sie vor derlei Müll zu schützen. Zum Glück scheinen Müllbeiträge in den von uns untersuchten Firmen kein Problem zu sein.

Der grosse Unterschied zwischen dem offenen Internet und betrieblichen sozialen Netzwerken ist, dass die Leute die Firmenfunktionen für ihre Arbeit nutzen (oder zumindest, um mit Arbeitskollegen zu kommunizieren) und so ihre professionelle Arbeitsidentität beibehalten. Dies schränkt das Blabla ein und fördert konstruktive Beiträge. Tatsächlich ist das Verbot anonymer Beiträge einer der ersten Steuerungsschritte, die alle Organisationen machen sollten, wenn sie soziale Netzwerke einführen. (Die eine Firma in unserer Untersuchung, die anonyme Beiträge zunächst erlaubte, hob diese Regelung sehr schnell wieder auf.) Davon abgesehen hatten die meisten unserer Fallstudien nur einen leichten Hauch von Steuerung.

Die Dinge dauern einfach,

... besonders auf Unternehmensebene. Die meisten Menschen, die wir bei unserer ersten Umfrage gefragt haben, ob wir in ihrer Firma eine Fallstudie zur Nutzung von sozialen Funktionen durchführen könnten, sagten: "Kommen Sie nächstes Jahr noch mal wieder." Im Web ist es leichter; hier können sprichwörtlich zwei Typen in einer Garage scheinbar im Nu eine wahnsinnig erfolgreiche Website entwerfen und auf den Markt bringen. Natürlich hören wir nie von all den Leuten, die das gleiche versuchen und nie irgendwas verkaufen. In einem Unternehmen ist es keine gute Idee, einfach neue Funktionen an die Wand zu klatschen, nur um zu sehen, was gefällt; denn alles, was nicht gefällt, behindert die Mitarbeiter in ihrer Produktivität.

Wenn man bedenkt, dass eine erfolgreiche Einführung von Enterprise-2.0-Werkzeugen von der Firma verlangt, sich in vielen Dingen umzustellen, dann wird klar, warum diese Projekte nicht über Nacht passieren. Ja, Pilotausführungen können binnen Tagen auf die Bühne gehen, aber die politischen und kulturellen Veränderungen, die für nützliche und weit verbreitete Verwendung benötigt wird, dauern länger.

Obwohl es keine Standardantwort gibt, scheinen, zumindest in unseren Fallstudien, 3-5 Jahre einen allgemeinen Zeitrahmen für soziale Intranetprojekte abzustecken. Dies ist wohl der Zeitpunkt, an den französischen General zu erinnern, der, als man ihm sagte, dass neu gepflanzte Bäume hundert Jahre brauchen, bis sie ausgewachsen sind, sagte: "Gut, dann fangen Sie am besten sofort an."

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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