• Facebook
  • Google+
  • Twitter
  • XING
01.02.2014

Unendliches Scrollen ist nicht für jede Website geeignet

Endloses Scrollen bewahrt den Nutzer beim Browsen zwar vor der Mechanik des Seitenwechsels, es ist aber keine gute Wahl für Websites, die ein zielorientiertes Finden von Informationen unterstützen.

Frau beim Scrollen

© tashka2000 - Fotolia.com

 

by Hoa Loranger (deutsche Übersetzung) - 02.02.2014

 

Falls Sie über den Einsatz eines endlosen Scrollens für Ihre Website nachdenken, stoppen Sie bitte für einen Moment und denken Sie darüber nach, ob dieses Feature in ihrer Situation nicht mehr schadet als nutzt. Endloses Scrollen ist ein Web-Design Pattern, welches den Inhalt ihrer Website kontinuierlich lädt, wenn der Nutzer nach unten scrollt. Dadurch wird der manuelle Seitenwechsel hinfällig.

Der Erfolg des endlosen Scrollens auf Social Media Sites, wie zum Beispiel Twitter, haben diese Technik sehr populär gemacht. Aber das heisst natürlich nicht, dass Sie sie ungefragt übernehmen sollen. Kontinuierliches Scrollen ist für Inhalte, die ständig fliessen und eine relativ flache Struktur haben, bei denen jede Inhaltseinheit auf der gleichen Hierarchie-Ebene liegt und ähnliche Chancen bestehen, für die Nutzer interessant zu sein, vorteilhaft.

Lange, endlose Seiten sind gut für zeitraubende Aktivitäten, weil sich die Nutzer zu diesem Zeitpunkt in einem Status des Erforschens und Entdeckens befinden. Der Vorteil, zu diesem Zeitpunkt nicht auf "Nächste Seite" klicken zu müssen, hält die Leser auf der Site und lässt sie auf den Inhalt fokussieren (Ein Vorteil geringerer Interaktionskosten).

In unserem Kurs "Komplexe Webinhalte" sagen wir den Designern, dass sie die Seitenlänge auf die Relevanz der Inhalte abstimmen sollen und nicht auf willkürliche Messungen. Wenn Nutzer am Browsen sind, macht es ihnen nichts aus, auf langen Seiten nach unten zu scrollen, wenn die Informationseinheiten in etwa die gleiche Granularität aufweisen und aufeinander abgestimmt sind. Zum Beispiel bei der Suche nach einem Geschenk in der gleichen Kategorie. Das ist mitunter auch ein Grund, weshalb wir Nutzer von e-Commerce Sites dabei beobachten, dass sie auf "Alle anzeigen" klicken, um alle Produkte sehen zu können, wenn sie die Wahl haben dies zu tun.

Endloses Scrollen hat Vorteile, sollte aber mit Vorsicht angewendet werden. Berücksichtigen Sie unbedingt die Inhalte Ihrer Website und die Motivation Ihrer Nutzer. Endloses Scrollen ist nicht geeignet für zielorientierte Suchaufgaben, wie zum Beispiel das Lokalisieren von Informationen oder das Vergleichen von Optionen. Für E-Commerce-Sites könnte es beispielsweise schwierig sein, nach Produkten zu suchen, wenn alle Produkte linear auf einer nie zu enden scheinenden Site präsentiert werden, die weder Sortier- noch Filterfunktionen oder andere Navigationstechniken aufweist, um das beabsichtige Produkt zu bestimmen.

Ausserdem ist das Auffinden eines zuvor gefundenen Artikels auf einer langen Seite extrem ineffizient, vor allem wenn das Element weit unten aufgeführt ist und nur durch mehrmaliges Scrollen zugänglich ist. Es ist für Menschen viel einfacher, sich daran zu erinnern, dass ein Artikel auf der Seite 3 aufgeführt ist, als abzuschätzen, wo der Artikel auf einer langen Seite positioniert ist.

Endloses Scrollen kann auch psychologische Konsequenzen haben, welche der User Experience schaden. Für aufgabenbezogene Aktivitäten kann es sich beispielsweise wie ein Ertrinken in einem endlosen Informationsabgrund anfühlen. Menschen erwarten auf Sites Informationen gruppiert und nach Relevanz geordnet. Nutzern von Websites macht es nichts aus, Links anzuklicken (Beispielsweise einen Link "Nächste Seite") wenn jeder Klick sinnvoll ist und sie zum gewünschten Ziel führt.

Mit jedem Seitenwechsel gibt es einen Anfang und ein Ende. Man kann den Aufwand, den es braucht, um die Seite zu scannen in etwa einschätzen. Seitenwechsel geben den Nutzern zudem die Kontrolle, selbst zu entscheiden, ob sie zur nächsten Seite weiternavigieren möchten oder nicht. Die Auswahlmöglichkeiten auf kleineren Seiten sind ausserdem leichter zu bewerten, weil sich weniger Optionen weniger erdrückend anfühlen.

Menschen können sich von endlos langen Seiten nur schon wegen der blossen Menge an Inhalten oder der Anzahl Möglichkeiten überfordert und paralysiert fühlen und deshalb gar nichts anklicken. D.h. man sieht zwar die Inhalte, fühlt sich aber ausser Stande zu agieren. Endloses Scrollen kann das Suchverhalten unterstützen, es kann aber auch Untätigkeit (und somit niedrige Umsätze) verursachen, was ja das Gegenteil ist, von dem was alle Betreiber einer Website sich wünschen.

Das Schlimmste des endlosen Scrollens auf einem Desktop ist, dass es den Nutzern einen bösen Streich spielt. Unendliches Scrollen bricht den Scrollbar, indem sie die Seitenlänge ungenau anzeigen. Und ob Sie es glauben oder nicht, Nutzer nutzen den Scrollbar immer noch. Sie verlassen sich auf den Scrollbar, der ihnen visuell mitteilt, wie viel Arbeit noch vor ihnen liegt. Es ist nicht nett, den Leuten vorzugaukeln, dass sie es fast geschafft haben, wenn dem nicht so ist. Seien Sie also nett.

Fazit: Unendliches Scrollen könnte wie ein eleganter Ersatz für den manuellen Seitenwechsel scheinen. Allerdings ist es für die meisten Websites nicht die richtige Antwort. Unendliches Scrollen ist wahrscheinlich nichts für Sie, wenn ihre Website-Nutzer erfolgreich zielorientierte Aktivitäten ausführen möchten, d.h. wenn sie spezifische Informationen zurückverfolgen und schnell auffinden müssen.

 

© Deutsche Version. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

Kommentare auf diesen Beitrag

    Keine Kommentare

Kommentar hinzufügen

Die mit * gekenzeichneten Felder sind zwingend auszufüllen