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24.08.2003

Usability-Einmaleins

Was ist Usability? Wie, wann und wo können Sie sie verbessern? Und warum sollten Sie auf Usability achten? Diese Zusammenfassung beantwortet diese grundlegenden Fragen.

 

by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) - 25.08.2003

 

Dies ist der Artikel, den Sie Ihrem Chef oder jedem anderem geben sollten, der nicht viel Zeit hat, aber über die grundlegenden Tatsachen der Usability Bescheid wissen muss.

Was

Usability ist ein Qualitätsattribut, welches festlegt, wie einfach Nutzerschnittstellen zu nutzen sind. Das Wort "Usability" bezieht sich dabei auch auf Methoden, die während des Designprozesses eingesetzt werden, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern.

Usability hat fünf Qualitätskomponenten:

  • Lernfähigkeit: Wie leicht ist es für die Anwender, grundlegende Aufgaben zu vollenden, wenn sie das erste Mal mit dem Design zu tun haben?
  • Effizienz: Wie schnell können die Anwender Aufgaben erledigen, wenn sie das Design einmal kennen gelernt haben.
  • Leicht erinnerbar: Wie leicht haben es die Anwender, sich wieder zurecht zu finden, wenn Sie nach einer Zeitspanne wieder zum Design zurückkehren, ohne es benutzt zu haben?
  • Fehler: Wie viele Fehler machen die Anwender? Wie schwerwiegend sind diese Fehler? Und wie leicht können sie sich wieder von diesen Fehlern erholen?
  • Zufriedenheit: Wie angenehm ist es, das Design zu verwenden?

Es gibt noch zahlreiche andere wichtige Qualitätsattribute. Ein Schlüsselattribut ist die Verwendbarkeit, welche sich auf die Funktionalität des Designs bezieht. Die Fragestellung lautet hier: Macht es das, was der Anwender braucht?

Brauchbarkeit und Verwendbarkeit sind in etwa gleich wichtig: Es spielt keine Rolle, dass etwas sehr einfach nutzbar ist, wenn es nicht das ist, was die Anwender wollen. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch nicht sinnvoll, wenn das System theoretisch machen kann, was Sie möchten, die Nutzerschnittstelle aber zu schwierig ist, um die Funktion auszuführen. Für die Analyse der Verwendbarkeit des Designs können dieselben Methoden angewandt werden, die auch die Usability verbessern.

Anmerkung der Übersetzung: Wir halten uns bei der Definition von Usability an die Definition der ISO (International Standardization Organisation). In der ISO Norm 9241 wird Usability als das Ausmass definiert, zu dem ein Produkt durch bestimmte Nutzer in einem bestimmten Nutzungskontext gebraucht werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen. Wir verstehen deshalb die Verwendbarkeit beziehungsweise die Funktionalität des Systems als einen integrierten Bestandteil der Usability.

Warum

Im Web ist Usability eine Notwendigkeit, um zu überleben. Wenn eine Site schwierig zu nutzen ist, verlassen die Anwender sie. Wenn eine Homepage nicht klar hervor bringt, was das Unternehmen anbietet und was die Anwender mit der Site machen können, verlassen die Anwender sie. Wenn Anwender sich auf einer Website verloren fühlen, verlassen sie sie. Wenn die Informationen auf der Website schwer zu lesen sind oder die Hauptfragen nicht beantworten, verlassen die Anwender sie. Sehen Sie hier ein Muster? Es gibt einfach keine Anwender, die ein Handbuch für die Bedienung einer Website lesen oder die andererseits viel Zeit damit verbringen, heraus zu finden, wie die Schnittstelle funktioniert. Es gibt viele andere Websites; Die Website zu verlassen ist das erste, was die Anwender machen, wenn sie eine Hürde antreffen. Das oberste Gesetzt des E-Commerce besagt, dass wenn Anwender das Produkt nicht finden, sie es auch nicht kaufen können.

Für Intranets ist Usability eine Frage der Angestelltenproduktivität. Zeit, die Anwender damit verschwenden auf Intranetseiten verloren zu sein ist verschwendetes Geld, das Sie den Angestellten bezahlen, ohne dass sie im Endeffekt Arbeiten erledigen.

Aktuelle "Best Practises" geben ungefähr 10% des Projektbudgets für die Usability aus. Wenn Sie im Entwicklungsprozess Wert auf Usability legen wird dadurch im Durchschnitt das Mass der gewünschten Qualität von Websites um mehr als die Hälfte erhöht - für Intranetseiten nur etwas weniger als die Hälfte. Für Software und Hardware fallen die Verbesserungen für gewöhnlich kleiner aus - sie sind aber immer noch substanziell.

Für interne Designprojekte sollten Sie die Verdoppelung der Usability-Ausgaben als Möglichkeit sehen, das Budget für Schulungen um die Hälfte zu kürzen und die Anzahl der Transaktionen pro Stunde zu verdoppeln. Für externe Designs können Sie es als Möglichkeit sehen, die Verkäufe, die Anzahl der registrierten Anwender und Kunden oder welches gewünschte Ziel Sie auch immer mit Ihrem Projekt erreichen wollten, zu verdoppeln.

Wie

Es gibt viele Methoden um die Usability zu analysieren, aber die grundlegendste und nützlichste ist der Anwendertest, der folgende drei Komponenten aufweist:

  • Rekrutieren Sie repräsentative Anwender, z.B. Kunden einer E-Commerce Site oder interne Mitarbeiter für das Intranet (im letzteren Fall sollten diese nicht aus Ihrer Abteilung stammen).
  • Lassen Sie die Anwender repräsentative Aufgaben mit dem Design durchführen.
  • Beobachten Sie, was die Anwender machen, wo sie erfolgreich sind und wo sie Schwierigkeiten mit der Nutzerschnittstelle haben. Verhalten Sie sich ruhig und überlassen Sie das Reden den Anwendern.

Es ist wichtig, dass Sie die Anwender einzeln testen und sie dabei ihre Aufgaben alleine lösen lassen. Wenn Sie ihnen helfen oder ihre Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Teil der Bildschirmanzeige ziehen, dann verfälschen Sie die Testergebnisse.

Um die wichtigsten Usability-Schwachstellen des Designs zu identifizieren, reichen 5 Anwender normalerweise aus.

Anstatt eine grosse und teure Studie durchzuführen, ist es besser, die Ressourcen so zu verteilen, dass viele kleine Tests durchgeführt werden. So kann das Design zwischen jedem der Tests überarbeitet und Usability-Schwachstellen laufend behoben werden. Dieses iterative Vorgehen ist der beste Weg, um die Qualität der Nutzererfahrung zu erhöhen. Je mehr Versionen und Ideen von Schnittstellen Sie gemeinsam mit den Anwendern testen, desto besser.

Anwendertests unterscheiden sich von Fokusgruppen, welche ungeeignet sind, die Usability des Designs zu evaluieren. Fokusgruppen finden ihre Zustimmung in der Marktforschung, um aber interaktive Designs evaluieren zu können, müssen einzelne Anwender beobachtet werden, wenn sie eine Aufgabe mit der Nutzerschnittstelle durchführen. Den Anwendern zu zuhören, was sie zu sagen haben, kann in die falsche Richtung lenken: Sie müssen sehen, was sie tatsächlich machen.

Wann

Usability spielt in jeder Phase des Designprozesses eine Rolle. Die daraus resultierende Notwendigkeit für mehrere Studien ist ein Grund, warum ich empfehle, einzelne Tests schnell und günstig durchzuführen. Hier sind die Hauptschritte:

  1. Bevor Sie mit dem neuen Design anfangen, testen Sie das alte Design, um die guten Seiten, die Sie behalten oder betonen sollten und die schlechten Seiten, die den Anwendern Schwierigkeiten bereiten zu identifizieren.
  2. Solange Sie nicht Intranetseiten bearbeiten, testen Sie die Seiten Ihrer Mitstreiter, um günstig an Daten alternativer Schnittstellen heran zu kommen, die ähnliche Eigenschaften wie die Ihre haben. (Wenn Sie an einem Intranet arbeiten, lesen Sie die Intranet Design-"Annuals", um von anderen Designs zu lernen.)
  3. Führen Sie eine Feldstudie durch, um zu sehen, wie die Anwender sich in ihrer natürlichen Umgebung verhalten.
  4. Erarbeiten Sie Papier-Prototypen von ein oder zwei neuen Designideen und testen Sie diese. Je weniger Zeit Sie in diese Designideen investieren, um so besser, da Sie sie je nach Testergebnis alle Designs wieder verändern müssen.
  5. Verfeinern Sie die Designideen, die bei mehreren Wiederholungen der Tests am besten abgeschnitten haben. Gehen Sie allmählich von den weniger genauen Prototypen zu genaueren Darstellungen über, die auf Ihrem Computer laufen. Testen Sie jede Wiederholung.
  6. Kontrollieren Sie das Design anhand etablierter Usability Richtlinien, entweder basierend auf Ihren eigenen Erfahrungen oder von der publizierten Forschungsarbeiten.
  7. Wenn Sie sich einmal dazu entschlossen haben, das Design zu implementieren, dann testen sie es noch mal. Subtile Usability-Probleme schleichen sich während der Implementierungsphase immer wieder ein.

Warten Sie mit dem Testen nicht bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Design vollständig implementiert worden ist. Wenn Sie das tun, wird es unmöglich werden, den grössten Teil der kritischen Usability-Probleme zu beheben, die der Test aufdeckt. Viele der Probleme sind meistens struktureller Art. Sie zu beheben bedeutet meistens eine grössere Umstrukturierung, das heisst, eine andere Informationsarchitektur.

Der einzige Weg hin zu einer hochstehenden Nutzererfahrung ist, Anwendertests am Anfang des Designprozesses durchzuführen und das Testen bei jedem weiteren Schritt beizubehalten.

Wo

Wenn Sie zumindest einen Anwendertest pro Woche durchführen, ist es sinnvoll, ein dafür ausgerichtestes Labor einzurichten. Für die meisten Unternehmen ist es jedoch genug, den Test in einem Konferenzraum oder im Büro durchzuführen - so lange Sie die Tür schliessen können, um Störungen zu verhindern. Was wirklich wichtig ist, ist dass Sie repräsentative Anwender bekommen und bei Ihnen sitzen bleiben so lange sie das Design nutzen. Ein Notizblock ist alles was Sie dazu brauchen.

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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