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15.02.2011

Websites gemeinnütziger Organisationen: Spendenvolumen und ehrenamtliches Engagement vergrössern

Auf Websites von Wohltätigkeitsorganisationen Geld zu spenden ist um 7% schwerer, als Geld in kommerziellen Online-Shops auszugeben. Soziale Netzwerke sind für gemeinnützige Organisationen zweitrangig; am wichtigsten ist es, die Inhalte klarer zu formulieren.

 

by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) - 16.02.2011

 

"Not-for-profit", wohltätig, "NGO"... Die meisten dieser Bezeichnungen sagen vor allem, was diese Einrichtungen NICHT sind. Und wenn wir uns die .org-Websites genauer ansehen, stellen wir fest, dass sie sich deutlich von den klaren Wertversprechen kommerzieller Websites unterscheiden. Normalerweise besucht man Websites, weil man a) das Angebot schätzt und b) Geld ausgeben will, um das Angebot zu nutzen. Anders bei Websites gemeinnütziger Organisationen.

Non-Profit-Organisationen müssen ihre Wertversprechen deutlicher kommunizieren, wenn sie freiwillige Helfer oder Spenden gewinnen wollen. Leider wird das Nutzererlebnis durch genau diesen Mangel an Kommunikation geschwächt.

Neue Usability-Studie für gemeinnützige Websites

Um mehr darüber herauszufinden, wie man das Nutzererlebnis bei Internet-Auftritten von gemeinnützigen Organisationen verbessern kann, greifen wir auf eine grundlegende Methode zurück: Wir beobachten repräsentative Nutzer beim Besuch einer Auswahl solcher Seiten. In diesem Fall war es unser Hauptkriterium für die Usability-Studie, Nutzer zu finden, die in der Vergangenheit bereits für Wohltätigkeitsorganisationen gespendet hatten. Wir haben auch Personen rekrutiert, die sich bereits ehrenamtlich engagiert haben, und Personen, die Facebook nutzen.

Die neue Untersuchung war eine Wiederholung unserer letzten Studie über Personen, die online gespendet haben. Es sind seit dieser Studie erst zwei Jahre vergangen, und es ist nicht zu erwarten, dass sich das Nutzerverhalten in dieser kurzen Zeit deutlich verändert hat. Doch um sicher zu gehen, haben wir noch einmal Online-Spenden getestet und sind dabei wieder die gleichen Usability-Probleme gestossen.

Die beiden Studien umfassten eine Gesamtzahl von 60 Websites mit gemeinnützigen und wohltätigen Organisationen, die eine grosse Bandbreite an Gebieten abdecken:

  • Kunst, Kultur und Geisteswissenschaften
  • Tiere
  • Entwicklungs- und Katastrophenhilfe
  • Bildung
  • Umwelt
  • Gesundheit
  • Sozialwesen
  • öffentliche Interessen
  • Religion

Die meisten Websites repräsentieren bedeutende nationale Organisationen, aber wir haben auch kleinere, lokale Wohltätigkeitsorganisationen und internationale Verbände untersucht.

Wir haben sieben Aufgaben getestet:

  • Einen Spendenempfänger auswählen: Die Teilnehmer der Studie haben zwei Websites aus dem gleichen Bereich besucht und sich entschieden, welche der beiden Organisationen - die, grob gefasst, ähnliche Aufgaben hatten - eher eine Spende verdient hätte.
  • Zum ersten Mal spenden: Unter Verwendung ihrer eigenen Kreditkarten sollten die Teilnehmer eine Online-Spende für die ausgewählte Wohltätigkeitsorganisation vornehmen. Wir haben die Nutzer nach der Studie dafür entschädigt.
  • Wiederholt spenden: Die Teilnehmer haben ein weiteres Mal für eine Organisation gespendet, für die sie früher schon einmal gespendet hatten (vor Beginn der Studie).
  • Eine Sachspende leisten: Die Teilnehmer haben sich darüber informiert, wie sie bestimmte Sachspenden abgeben könnten, z. B. Tiernahrung oder gebrauchtes Spielzeug. Für diese Aufgabe haben wir den Teilnehmern keine konkreten Websites vorgegeben, sondern sie durften das Internet frei nutzen, um eine passende Organisation zu finden, die ihre Spende gut einsetzen kann.
  • Ein Produkt kaufen: Die Teilnehmer sollten ein Produkt kaufen, das eine Nicht-Regierungs-Organisation auf ihrer Website anbietet, wie etwa ein Kochbuch der "American Diabetes Association"
  • Sich ehrenamtlich engagieren: Die Teilnehmer haben sich über Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements bei einer der Organisationen informiert, die in der Studie untersucht wurden.
  • Per Facebook über wohltätige Organisationen recherchieren: Die Teilnehmer haben zwei Organisationen anhand ihrer Facebook-Profile verglichen und danach eine ausgewählt, die eine Spende erhalten sollte.

Die ersten beiden Aufgaben waren in beiden Studien enthalten; die letzten fünf Aufgaben wurden nur in der neuen Studie untersucht.

Ablauf der Online-Spende: 7% schlechter als die aktuelle "best-practise"

Es ist schwerer, Geld zu spenden, als es für Konsumgüter auszugeben: Um die Spende online tatsächlich abzuschliessen benötigten unsere Teilnehmer durchschnittlich 7% mehr Zeitaufwand, als die Nutzer bei einer anderen Usability-Studie zum Thema E-Commerce für einen normalen Kaufvorgang in einem Online-Shop gebraucht haben. Eine siebenprozentige Verschlechterung ist zwar keine Katastrophe, zeigt aber doch, dass das Nutzererlebnis bei gemeinnützigen Websites hinter dem von kommerziellen Websites hinterherhinkt.

Sachspenden leisten: Schlecht

Nutzer hatten mehr Schwierigkeiten, eine Sachspende zu leisten, als Geld zu spenden. Ein Grund dafür ist, dass Sachspenden keine Standard-Online-Transaktion sind und die Nutzer sich daher nicht auf einen Ablauf verlassen können, den sie von anderen Websites bereits gewohnt sind. (Dagegen ähnelt das Spenden von Geld stark dem Ausgeben von Geld, zumindest, was Schaltflächen und Eingabefelder angeht, die benutzt werden müssen.)

Jedes Mal, wenn eine Website von Nutzern verlangt, etwas Neues zu tun, sollte die Nutzerschnittstelle besonders einfach gestaltet sein, damit die Nutzer die Hürde des Neuen und Ungewohnten schnell überwinden können. Leider wiesen die meisten Organisationen unserer Studie gerade in diesen Bereichen eine schlechte Usability auf; die Informationen über Sachspenden waren oft schwer zu finden und nur selten ausreichend konkret.

Durch die schlechte Usability wurden Nutzer dazu verleitet, zwischen vielen Organisationen hin- und herzuspringen, bevor sie sich für eine Einrichtung entschieden, der sie ihre Sachspende zukommen lassen wollten. Die Nutzer bewerteten diese Erfahrung mit dem niedrigsten Zufriedenheitswert, den wir in dieser Studie gemessen haben: mit durchschnittlich 5,3 Punkten auf einer Skala von 1-7 (7 als bester Wert).

Ehrenamtliches Engagement: Gut

Auf unserer Skala von 1-7 haben die Nutzer die Aufgabe, Informationen zum ehrenamtlichen Engagement zu finden, mit hervorragenden 6,7 Punkten bewertet. Auf den meisten Websites gab es einen einfachen und direkten Link zu diesen Informationen auf der entsprechenden Homepage. Viele stellten klare Tipps zusammen, wie man sich engagieren kann, bis hin zu Beschreibungen von typischen Aufgaben und Arbeitszeiten; was genau die Dinge sind, die potentielle Ehrenamtliche gerne wissen wollen.

Viele Websites boten auch recht einfache Formulare für Ehrenamtliche an. Da viele Personen aber zuerst das persönliche Gespräch suchen, ist es auch wichtig, Kontaktdaten zur Verfügung zu stellen.

Soziale Netzwerke: nebensächlich

Es sind nicht viele Nutzer, die Facebook verwenden, um sich über wohltätige Organisationen zu informieren oder dort zu spenden. Als wir Teilnehmer unserer Studie gebeten haben, dies zu tun, waren viele genervt von Organisationen, die ihnen Produkte aufschwatzen wollten oder nur auf Spenden aus waren oder sie dazu bringen wollten, einen Newsletter zu abonnieren und ähnliches.

Es überraschte die Nutzer nicht, dass die Organisationen in Facebook aktiv sind, aber sie erwarteten dort weniger Informationen als auf den offiziellen Websites. So urteilte ein Nutzer, nachdem er die Facebook-Seite der "People for the Ethical Treatment of Animals" (PETA) betrachtet hatte, dass "auf der offiziellen PETA-Website wahrscheinlich zehnmal mehr Informationen zu finden sind."

Die Nutzer nutzen soziale Netzwerke also nicht dazu, sich detailliert über die Aufgaben und Ziele der Organisationen zu informieren; statdessen waren sie daran interessiert, von Leuten zu hören, die von der Arbeit der Organisationen profitiert haben. Sie wollten Geschichten über echte Menschen präsentiert bekommen, die mit den Organisationen zu tun hatten.

Ein Nutzer fand die Geschichten gut, die auf der Facebook-Seite der Organisation davon erzählten, wie die "Make-a-Wish-Foundation" Menschen konkret geholfen hatte. Non-Profit- und Wohltätigkeitsorganisationen sollten soziale Netzwerke als eine Möglichkeit sehen, in direkten Kontakt mit den Nutzern zu treten, in dem sie echte Geschichten, Gespräche und Möglichkeiten zur Interaktion präsentieren. Sie sollten aber auch nicht vergessen, einen gut sichtbaren Link zum offiziellen Internet-Auftritt der Organisation zu präsentieren, damit sich Interessierte dort gründlicher informieren können.

Das Ergebnis, dass soziale Netzwerke eher zweitrangig sind, wenn es darum geht, gemeinnützige Organisationen vorzustellen und Spenden zu akquirieren, entspricht ähnlichen Erkenntnissen aus anderen Studien:

  • Unsere erste derartige Studie zur Präsentation von Firmeninformationen in sozialen Netzwerken fand heraus, dass die Nutzer von zu häufigen Werbepostings genervt sind und Menschen eher selten in sozialen Netzwerken nach Firmen suchen. Nutzer gehen vielmehr direkt auf die Websites der Firma, wenn sie nach Produktinformationen suchen.
  • Unsere erst kürzlich erschienene Studie dazu, wie Studenten das Internet nutzen, kam zu dem Ergebnis, dass Studenten soziale Netzwerke hauptsächlich mit privaten Diskussionen und nicht mit Firmenmarketing verbinden. Wollen Studenten sich über eine Firma, Universität, Regierungsbehörde oder gemeinnützige Organisation informieren, verwenden sie Suchmaschinen, um die offizielle Websites zu finden, sie suchen aber nicht auf Facebook.

Im Wesentlichen kommen drei unterschiedliche Studien mit unterschiedlichen Zielgruppen und unterschiedlichen Studienobjekten zum gleichen Ergebnis.

Top-Priorität: Informationen deutlich präsentieren

In dieser Studie vergaben die Teilnehmer eine verhältnismässig niedrige Wertung von durchschnittlich 5,3 für die Aufgabe, Informationen über eine gemeinnützige Organisation zu finden und festzustellen, ob diese Angaben zuverlässig sind. Im Vergleich vergaben die Nutzer eine Note von 5,7 für den eigentlichen Spendenprozess (auf einer Skala von 1-7, durchschnittlich über alle getesteten Websites).

Unsere Usability-Studie hat gezeigt, dass der Spendenprozess zwar verbesserungswürdig ist, aber nicht das Hauptproblem darstellt. Um eine potenzielle Verfünffachung der Online-Spenden in den nächsten zehn Jahren zu erreichen, müssen sich die gemeinnützigen Organisationen dem Kernproblem stellen: Schlechte Usability der Inhalte.

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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