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12.03.2007

10 Prioritäten für ein höchst profitables Redesign

Etliche Usability-Ergebnisse führen direkt zu besseren Verkäufen und steigender Kundenloyalität. Diese Designtaktiken sollten erste Priorität haben, wenn Sie Ihre Website aktualisieren.

 

by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) - 12.03.2007

 

Schon oft habe ich über die häufigsten Fehler im Webdesign geschrieben - aber was sind die wichtigsten Dinge, die Sie tun können, um mehr Geld zu verdienen? Hier folgen die zehn besten Internet-Taktiken mit besonders hoher Rendite (ROI).

1. E-Mail-Newsletter

E-Mail-Newsletter helfen Ihnen, mit Ihren Kunden eine Beziehung aufrecht zu erhalten, die über deren Besuche auf Ihrer Website hinaus anhält. Newsletter und Websites ergänzen einander in perfekter Art und Weise, weil sie unterschiedliche Nutzerbedürfnisse befriedigen. Newsletter halten Ihre Kunden auf dem Laufenden und ermöglichen somit einen engen Kontakt mit der Firma; Websites geben den Kunden detaillierte Informationen und geben ihnen die Möglichkeit, geschäftliche Transaktionen durchzuführen.

Newsletter sind recht billig. Sie erfordern wenig Technik und dürfen nicht zu oft erscheinen. Wenn Sie noch keinen Newsletter haben, dann ist die Einführung eines solchen wahrscheinlich die renditeträchtigste Tat, die Sie tun können, um Ihre Internet-Präsenz zu verbessern. Wenn Sie bereits einen Newsletter haben, dann wird ihn eine Verbesserung entsprechend den Forschungsergebnissen wahrscheinlich seinen Wert für Ihre Organisation um ein Vielfaches steigern. (Die meisten Newsletter, die wir getestet haben, haben es nicht geschafft, den Wunsch der Nutzer nach guter Kommunikation zu befriedigen.)

Newsletter haben noch einen weiteren Vorteil: Sie sind der beste Weg, um Ihre Website aus der Abhängigkeit von Suchmaschinen zu befreien. Auf lange Sicht ist diese Befreiung eine der wichtigsten strategischen Herausforderungen, vor denen die Internet-Manager stehen.

2. Informative Produktseiten

Die Produktseiten von E-Commerce-, Marketing- und B-to-B-Websites leiden alle unter Informationsdefiziten. Nur selten trifft man eine Produktbeschreibung an, die dem Interessenten alles sagt, was er braucht, um eine Kaufentscheidung treffen zu können.

In meinem letzten Buch präsentiere ich Daten, die zeigen, dass schlechte Produktinformationen auf den von uns getesteten Websites für 8% aller Usability-Probleme verantwortlich sind. Schlimmer noch: Schlechte Produktinformationen sind für 10% aller Nutzerfehler verantwortlich (das sind Fälle, in denen Nutzer aufgegeben haben, und nicht nur behindert oder verärgert worden sind). Produktseiten so zu gestalten, dass sie die Nutzerbedürfnisse befriedigen, ist ein höchst zielsicherer Weg, in einer Situation, in der die Nutzer durch den Besuch der Website bereits von sich aus Interesse gezeigt haben, um sie zum Kaufen zu ermutigen.

Sie brauchen detaillierte Produktinformationen, aber sie müssen so geschrieben sein, dass sie für Leute auch dann einen Sinn ergeben, wenn sie keine Experten auf Ihrem Fachgebiet sind. Auf der Produktseite für einen Laptop zum Beispiel dürfen Sie es nicht machen wie Dell und den Leuten sagen, der Bildschirm sei "WSXGA+". Sagen Sie ihnen, dass er 1680 x 1050 Pixel hat. (Hand aufs Herz: Haben Sie das gewusst?) Oder, besser noch, machen Sie es wie Apple und zeigen Sie verschiedene Bildschirmauflösungen direkt nebeneinander an, damit die Nutzer sehen können, wie viele Daten jeweils sichtbar sind.

3. Hochwertige Fotos

Einer der einfachsten Wege, Produktseiten zu verbessern, ist es, bessere Fotos zu zeigen. Zeigen Sie als Blickfang oben auf der Seite das repräsentativste Foto in kleinem Format. Bieten Sie weiter unten verschiedene zusätzliche Fotos aus anderen Blickwinkeln oder mit vergrösserten Details an. Denken Sie auch an Fehler Nr. 10 bei den 10 häufigsten Webdesign-Fehlern von 2005: Links von kleinen Bildern auf Bilder, die nur wenig grösser sind. Linken Sie stattdessen auf Fotos, die so nahe an die volle Bildschirmgrösse kommen wie möglich.

Solche grossen Formate scheinen der Richtlinie zu widersprechen, die kurze Ladezeiten beim Herunterladen von Webseiten fordert. Aber es ist ein grosser Unterschied, ob Sie eine Navigationsseite mit irrelevanten Grafiken aufblasen, oder ob Sie ein grosses Foto zeigen, nachdem der Nutzer gefragt hat. Im ersten Fall unterbricht die lange Ladezeit den Nutzer in seinem Arbeitsfluss. Im zweiten Fall kommt die Verzögerung erwartet; Verzögerungen sind zwar niemals willkommen, aber sie sind weniger problematisch, wenn sie notwendig sind, um eine Nutzeranfrage zu erfüllen.

Ein schwerwiegender Nachteil des Online-Mediums ist es, dass die Leute Ihre Produkte nicht anfassen können. Aber Nahaufnahmen und hochwertige Fotos können den Nutzern eine gute Annäherung an die taktilen Qualitäten eines Produktes bieten, und sie sind essentiell, um den Leuten ein gutes Gefühl zu geben, wenn sie online einkaufen. Bei Software-Produkten oder Online-Diensten zeigen Sie statt Fotos Screenshots in voller Auflösung.

4. Produkte unterscheiden und vergleichen

Sie müssen den Nutzern die Angst nehmen, das falsche Produkt zu kaufen; sonst schieben sie ihren Einkauf hinaus und kaufen wahrscheinlich nie etwas auf Ihrer Website. Wenn Sie zahlreiche Produkte der gleichen Kategorie haben, müssen Sie die Unterschiede zwischen den Produkten so klar und deutlich erläutern, dass es auch Leuten ohne Branchenexpertise einleuchtet, warum sie das eine Produkt kaufen sollen und die anderen nicht.

Das Unterscheiden der Produkte ist natürlich bei Unternehmen einfacher, die ohnehin Wert darauf legen, ihre Produktlinien zu vereinfachen. Warum auch sollte man viele verschiedene Produkte anbieten, die sich kaum unterscheiden? Dell zum Beispiel hat vier verschiedene Laptop-Modelle: Inspiron, Latitude, Precision und XPS; einige davon sind auch noch in sechs verschiedenen Designs erhältlich. Wenn es klare Unterschiede zwischen den Modellen gibt, dann werden sie jedenfalls auf der Website nicht gut erklärt.

Auch wenn Sie eine kleine und klar definierte Produktlinie haben, müssen Sie dafür sorgen, dass die Unterschiede Ihren Nutzern sofort ins Auge springen.

Auch Vergleichswerkzeuge können die Auswahl und den Entscheidungsprozess unterstützen. Solche Werkzeuge funktionieren aber nur dann, wenn sie die entscheidenden Unterschiede prägnant und eindeutig illustrieren. Oft genug wählen Websites den leichten Weg und stellen bloss eine riesige Tabelle mit technischen Spezifikationen dar, ohne die Dinge hervorzuheben, in denen sich die Produkte unterscheiden.

5. Bessere Möglichkeiten zum Nachbestellen

Ich habe den besten Weg, um Wiederholungsgeschäfte zu erzielen bereits erwähnt: Bieten Sie einen E-Mail-Newsletter an, der dafür sorgt, dass Sie den Kunden im Gedächtnis bleiben, auch wenn sie gerade nichts kaufen wollen. Sobald sie dann wieder Geld ausgeben wollen, werden sie an Sie denken.

Um Leute dazu zu bringen, mehr Geld auszugeben, sollten Sie es Ihnen leicht machen, nachzubestellen. Denn oft benötigen die Leute immer wieder die gleichen Sachen. Ist es nötig, dass sie dann jedes Mal über fünf Ebenen hinweg in die Tiefen Ihrer Website hineinnavigieren müssen? Geschäftskunden brauchen oft Nachschub, Ersatzteile oder Zubehör für Ausrüstungen, die sie bereits gekauft haben, also sollten Sie ihnen Folgebestellungen dieser Art erleichtern. Bei einer unserer Studien letzten Monat fanden es die Testteilnehmer besonders gut, dass der Online-Lebensmittelhändler FreshDirect es ihnen ermöglichte, anhand früheren Einkaufslisten etwas nachzubestellen.

Nachbestellen ist ein Thema, das das komplette Nutzererlebnis betrifft und über die Nutzeroberfläche der Website hinausgeht. Schon beim Zusammensetzen Ihrer Produktlinie müssen Sie die Nachbestellungen im Blick behalten. Behalten Sie klassische Produkte bei, damit die Leute neue Exemplare einer Ware bestellen können, die sie mögen. Wenn Sie neue Produkte auf den Markt bringen müssen, behalten Sie Grössen und ähnliche Parameter bei. Ein Kunde zum Beispiel, der letztes Jahr einen Sweater gekauft hat, sollte das diesjährige Modell in der gleichen Grösse bestellen können, mit einer Garantie, dass es ihm genau so gut passt. Identische Grössen sind im E-Textilhandel viel wichtiger als im physischen Textilhandel, wo die Kunden die Sachen vor dem Kauf anprobieren können.

6. Einfachere Texte

Normalerweise können Sie die Usability Ihrer Website oder Ihres Intranets glatt verdoppeln, indem Sie einfach die Texte neu schreiben lassen und dabei die Richtlinien für Online-Inhalte befolgen. Bessere Texte sind wahrscheinlich die wichtigste Verbesserung, die Sie an Ihrer Website vornehmen können, doch in dieser 10-Besten-Liste erscheinen sie relativ weit unten, weil man das nicht mit einer einmaligen Reparatur erledigen kann. Sie müssen für alle Ihre Projekten gute Texter anheuern, sie im Schreiben fürs Web schulen, und dafür sorgen, dass alle ihre Texte von Redakteuren redigiert werden, die noch besser sind, die sich noch besser mit nutzerfreundlichen Inhalten auskennen. Solche Redakteure mögen teuer sein, aber sie sind immer ihren Preis wert.

7. Ältere Zielgruppen bedienen

Ältere Leute sind das Internet-Nutzersegment mit dem stärksten Wachstum. In der Tat sind sie in den reichen Ländern praktisch der einzige verbliebene Wachstumsmarkt, nachdem die meisten jüngeren Leute, die online gehen wollen, längst Zugang zum Internet haben.

Viele Senioren sind reich und haben viel Zeit. Wenn es ihnen schwerer fällt, überall hinzufahren, wird das Internet für sie zum idealen Ort, um haufenweise Geld auszugeben. Ausserdem neigen ältere Leute weniger zum Raubkopieren und sind tendenziell loyaler als junge Leute, die ständig dem letzten Trend nachjagen.

Doch das Beste ist: Sie haben den Vorteil, dass die meisten Websites ältere Nutzer sträflich benachteiligen. Sogar offizielle und amtliche Websites, die speziell für Rentner gemacht worden sind, richten ihr Design eher nach Dreissigjährigen aus. Weil so viele Websites für ältere Nutzer nur sehr schwer zugänglich sind, werden die Senioren Ihre Website mit Bestellungen überschwemmen, sobald sie die löbliche Ausnahme darstellt, die die Nutzerbedürfnisse dieser Gruppe ernst nimmt.

8. Geschenkgutscheine bereitstellen

Wunschzettel und Geschenkgutscheine sind kostengünstige Instrumente, um einen schrittweise steigenden Absatz zu erzeugen und um Ihre Website bei neuen Kunden einzuführen.

9. Die Suche

Vielleicht sollte die Suche nicht auf dieser Liste stehen; der Nutzen einer verbesserten Suche ist zwar immens, aber sie erfordert eine ziemlich hohe Investition - auf jeden Fall eine höhere als die anderen hier aufgeführten Punkte für ein Redesign. Mithin ist die Kosten-Nutzen-Relation bei der Suche nicht so überaus günstig wie bei meinen anderen Empfehlungen. Doch auch sie ist positiv, also sollten Sie sich damit befassen.

Die Nutzer verlassen sich immer stärker auf die Suche als ersten Zugang zum Web. Während die Suche für das Internet als Ganzes ziemlich gut geworden ist, ist sie innerhalb der meisten Websites und Intranets nach wie vor miserabel.

Wenn Sie Ihre Website-Suche in Ordnung bringen wollen, müssen Sie bessere Such-Software kaufen und installieren und sie dann auf Ihre Inhalte und Nutzerfragen hin zuschneiden (in dem Sie zum Beispiel die Überprüfung der Schreibweisen anpassen). Es kommt noch schlimmer: Sie müssen Ihre Inhalte so überarbeiten, dass sie suchbar werden. Sie müssen zum Beispiel sinnvolle Seitentitel schreiben, die den tatsächlichen Inhalt der Seite wiedergeben, damit die Leute wissen, was sie kriegen, wenn sie einzelne Suchergebnisse anklicken. Ausserdem müssen Sie Ihre Texte im Vokabular Ihrer Nutzer schreiben.

Es ist zwar aufwändig, Ihre Inhalte nach dem Gesichtspunkt der Findbarkeit umzuschreiben, aber wenn Sie das tun, verbessern Sie auch Ihre Position in externen Suchmaschinen; zumal die Optimierung für Suchmaschinen (SEO) eine der Internet-Marketing-Taktiken mit der höchsten Rendite ist. Diese Investition lohnt sich viel mehr als das Schalten von Werbebannern, die die meisten Nutzer aufgrund ihrer Bannerblindheit gar nicht sehen.

10. Nutzertests

Eigentlich sollten Nutzertests auf Platz 1 dieser Liste stehen, da Sie mit Nutzertests die Möglichkeit haben, Ihr Projekt mit sehr geringen Investition auf den richtigen Weg zu bringen. Aber ich weiss, dass die meisten Leser ihre Ohren auf Durchzug stellen, wenn ich zu sehr auf der Notwendigkeit von Tests herumreite: Die Leute haben es lieber, wenn man ihnen sagt, was sie tun sollen, als wenn man ihnen sagt, dass sie selber etwas herausfinden sollen.

So unpopulär es sein mag - nach wie vor empfehle ich, dass Sie Ihre eigenen Nutzertests durchführen. Es gibt immer Dinge, die nur in Ihrer Branche vorkommen und nicht abgedeckt werden, wenn man allgemeine Forschungsergebnisse liest. Und denken Sie daran: Usability-Tests kann man billig machen, vor allem, wenn man kostengünstige Papierprototypen benutzt, mit denen Sie eine Nutzeroberfläche testen können, während sie noch in einem frühen Designstadium ist.

Als Bonustaktik: ein Loyalitätsprogramm

Seit zehn Jahren empfehle ich Programme für loyale Nutzer, also so etwas wie Zusatzpunkte für Vielbesucher analog zu den Zusatzmeilen für Vielflieger bei Fluggesellschaften. Praktisch keine Website hat diese Idee übernommen, also kann ich kaum behaupten, dass dies eine Taktik mit erwiesenermassen hoher Rendite sei, die auf diese 10-Besten-Liste gehört. Aber Sie können die Loyalitätsprogramme als Bonus-Idee kostenlos mitnehmen: Das wäre wahrscheinlich einer der besten Wege, mit denen sich das Internet gegen die Herren der Suchmaschinen zur Wehr setzen und dafür sorgen könnte, dass mehr Wert bei den Websites hängen bleibt, die den Wert erzeugen.

Kürzlich haben wir Leute beim Online-Shopping beobachtet und dabei Anzeichen zunehmender Nutzerloyalität entdeckt: Mehr Nutzer als früher beginnen nun mit einer Lieblings-Website und nicht mehr mit einer Suchmaschine. Vielleicht werden wir am Ende ein paar Websites erleben, die gut genug sind, um ein bisschen Loyalität wert zu sein.

Um sie zu mehr Loyalität zu ermuntern, sollten Sie Ihre Stammnutzer belohnen. Rabattangebote und kostenloser Versand sind Ideen, die auf der Hand liegen, aber eine Website ist ein Computer, deshalb können wir über diese Ansätze aus der alten Welt hinausgehen. So gibt es zum Beispiel Produkte in limitierter Anzahl, die in jeder Feiertagssaison ausverkauft werden. Geben Sie Ihren loyalen Nutzern einen Tipp, wenn Sie solche Waren einstellen - oder die Möglichkeit, sich für zukünftige Einstellungen zu registrieren, bevor sie für das allgemeine Publikum zugänglich werden.

Kunden bedienen und nicht den Hypes hinterherlaufen

Die renditeträchtigen Ideen, die ich hier herausgestellt habe, haben eines gemeinsam: Sie fügen Ihrer Website Wert hinzu, indem sie ihren Wert für die Kunden vergrössern. Will sagen: Sie geben Ihren Kunden, was sie haben wollen und brauchen. Diese Ideen sind nicht der letzte Schrei, über den die Presse berichtet. Aber die Nutzer möchten, dass Sie sich auf das kleine Einmaleins besinnen und in die einfachen Dinge investieren, mit denen sie täglich zu tun haben.

Beim Oberflächendesign geht es darum, dass die Firma Geld verdient. Techniken und Qualitätsarbeit sind das, was Sie dafür brauchen, keine Moden und "advanced features". Tun Sie das Grundlegende, und machen Sie das gut.

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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