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18.08.2013

Design für mobile Intranets

Die wichtigsten Gründe, die Informationstechnik eines Unternehmens mobil anzulegen, sind die Unterstützung der Aussendienst-Mitarbeitenden und die Wichtigkeit der App für bestimmte Aufgaben. Doch die Nutzer legen auch Wert darauf, Zugang zu Nachrichten und internen sozialen Netzwerken zu haben.

Aussendienstmitarbeiter mit Tablet

© Distrikt3 - Fotolia.com

 

by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) - 19.08.2013

 

Die Unternehmens-IT ist erst spät auf der mobilen Party erschienen, aber jetzt ist sie endlich da. Schon im Jahr 2010 hatten wir einige mobile Intranets unter den Preisträgern der jährlich ausgezeichneten Intranet-Designs, aber seit dem Jahr 2010 haben nur 20-30% der prämierten Intranets auch eine mobile Komponente.

Mobile Intranets sind noch lange nicht so heiss begehrt wie mobile Websites und Apps - und das ist wahrscheinlich auch gut so. Aber zumindest existieren mittlerweile genug mobile Intranets, damit wir projektübergreifend generalisieren und Ratschläge zu Designtrends für mobile Unternehmensanwendungen und Inhalte geben können. Zu diesem Zweck haben wir mehr als 200 mobile Intranet-Projekte untersucht und detaillierte Fallstudien zu 9 Projekten erstellt.

Die mobilen Intranets-Apps, auf die wir gestossen sind, zielten auf Folgendes ab:

  • Erleichterung der Inventarisierung von maritimen Sicherheitsprodukten
  • Abrufen von Laborergebnissen und Laboranweisungen von Patienten (für Ärzte)
  • Informationsverwaltung auf Messeständen, einschliesslich Präsentationen, Raumzuteilungen, Kontaktdaten und elektronischen Besuchsberichten
  • Durchsuchen von Unterrichtsplänen (für Studenten und Lehrer)
  • Planung von (medizinischen) Operationen und Verfolgung von Krankheitserregern in der Bevölkerung
  • Aufgabe und Annahme von Kundendienstaufträgen und Artikelsuche im mobilen Inventarverzeichnis (für Ingenieure im Aussendienst)
  • Bereitstellung von Kfz-Versicherungsleistungen wie Vertragsänderungen, Zahlungen, Unfallanzeigen usw.

Ausser für solche unternehmenskritische Anwendungen wurden die Intranets auch vielfach für Nachrichten und internes Netzwerken unter Mitarbeitern genutzt.

(Es ist keine grosse Überraschung, dass Social Features wichtig sind für mobile Intanets, da Social Features auch im Office-Intranet wichtig sind um Mitarbeiter-Beziehungen zu verbessern und zu erhöhen. Trotzdem, mobile Social Features brauchen ein neues Design, wie öffentlich zugängliche Netzwerke wie Facebook auf die harte Tour lernen mussten.)

Unterstützung vieler Geräte

Unsere erste Schlussfolgerung lautet: Die Zeit der Monokulturen ist in der Unternehmens-IT vorbei, zumindest im mobilen Bereich. Im Durchschnitt werden die Projekte für 2.2 verschiedene Plattformen entwickelt. Es überrascht nicht, dass iOS und Android die beiden grössten Mitspieler sind, aber auch Windows Mobile und andere Plattformen kommen vor.

Viele Unternehmen verfolgen die BYOD-Strategie (Bring Your Own Device = Bringen Sie Ihr eigenes Gerät mit), bei der die Mitarbeiter über ihr eigenes Mobiltelefon auf Unternehmensinhalte zugreifen, anstatt ein Gerät zu verwenden, das die Firma zur Verfügung stellt. Hier liegt offenbar der Grund dafür, warum mobile Intranets nicht mehr für einen Gerätetyp entwickelt werden können, so wie es noch vor einigen Jahren bei Unternehmensanwendungen die Regel war.

Kleine Budgets treiben mobile Sites mit ausgesuchten Funktionen voran

Die meisten mobilen Intranets werden mithilfe eines kleinen Budgets entwickelt; die folgende Grafik zeigt die durchschnittlichen Budgets von Firmen unterschiedlicher Grösse:

Mobile Intranet Budget

1000 oder weniger; 1000-10'000; 10'000-50'000; 50'000 und mehr
Unternehmensgrösse (Anzahl der Mitarbeiter)

Unternehmen mit mehr als 50'000 Mitarbeitern gaben im Durchschnitt 228'000 US$ für eine mobile Version ihrer Intranets aus; kleinere Firmen investierten nicht mal annähernd so viel. Das Budget mittelgrosser Unternehmen mit 1000 bis 10'000 Angestellten lag im Schnitt bei 42'000 US$, was bei weitem nicht ausreicht, um eine Entwicklung ernsthaft voranzutreiben.

Zum Teil wegen der niedrigen Budgets und auch wegen der Notwendigkeit, verschiedene Plattformen unterstützen zu müssen, haben sich viele Firmen dafür entschieden, eine mobile Intranet-Site zu entwickeln und keine vollwertige mobile Anwendung. Nur 27% der Unternehmen hatten ein mobiles Intranet mit allen Funktionen der Arbeitsplatzversion im Angebot. Der Grossteil der Firmen bietet entweder eine eingeschränkte oder veränderte Funktionalität, die sich an Aussendienstkräfte richtet, die selten einen Arbeitsplatz-Computer verwenden.

Tatsächlich liegt das stärkste Motiv, ein mobiles Intranet anzubieten, darin, die Aussendienstmitarbeiter zu unterstützen - ein Grund, den 79% der Projekte angaben, die wir untersucht haben.

Zum Beispiel unterstützt mTec von ZON die Aussendiensttechniker bei ihren Hausbesuchen. Ähnlich ist es bei Mobile Field Service Ticketing von SEI, einer internetbasierten Anwendung, die die Kundendiensttechniker unterstützt, die Geräte beim Kunden reparieren. Die firmeneigene App Show Me von CommunicateHealth hilft Ersthelfern in einem Notfall dabei, mit Menschen umzugehen, die Kommunikationsschwierigkeiten haben. Und viel spezialisierter als das firmeneigene 12View von Applified geht es kaum: Es erlaubt städtischen Inspekteuren, mit Hilfe eines Android-Tablets, Defekte und Wartungsarbeiten an Abwasserkanälen oberirdisch zu kontrollieren und zu melden.

Auf den Plätzen der Zwecke eines mobilen Intranets folgten - mit 51% bzw. 49% der Nennungen - die Ziele, mit den Erwartungen der Nutzer Schritt zu halten und die Produktivität der Mitarbeiter zu verbessern. Um diesen Zielen wirklich gerecht zu werden, sind aber grössere Budgets und ein besseres mobiles Nutzererlebnis erforderlich.

Eine reduzierte und zielgerichtete mobile Funktion ist aber nicht unbedingt schlecht. Ein Befragter sagte uns: "Die Leute haben lieber "weniger". Wenn das Ganze auf einige wenige Optionen reduziert ist, hilft das den Leuten dabei, sich von der neuen Nutzeroberfläche nicht verwirren zu lassen. Ärzte würde so etwas abschrecken."

Entwickeln Sie so, dass Fehler reduziert werden und die Produktivität angekurbelt wird

Viele der Designfragen, die man beachten sollte, wenn man ein mobiles Intranet entwickelt, ähneln den Richtlinien für die Usability mobiler Websites. Allerdings schärft die überlebenswichtige Natur vieler Unternehmensanwendungen den Blick auf zwei Bedürfnisse: Fehler zu vermeiden und die Produktivität zu verbessern. Im Folgenden finden Sie sieben Strategien, die Ihnen helfen können, beides zu erreichen.

  1. Planen Sie einen Offline-Modus für den Fall von Konnektivitätsproblemen ein. Selbst in Ballungsräumen kann die mobile Konnektivität heikel sein; multinationale Konzerne und NGOs mit Mitarbeitern in Entwicklungsländern müssen häufig mit schlechter Erreichbarkeit umgehen. Um dem gerecht zu werden, ist es wichtig, Sites und Apps zu entwickeln, die Daten, Einstellungen und letzte Eingaben speichern können, falls die Verbindung abreisst. Beispiele unserer Studie sind hier Suma, die ihre App so entworfen haben, dass es kein Problem ist, wenn die Nutzer zwischen Bücherstapeln die Verbindung verlieren und ShowMe, wo berücksichtigt ist, dass Notfallhelfer bei Natur- oder anderen Katastrophen die Verbindung verlieren können.

  2. Optimieren Sie die Ladezeiten. Im mobilen Einsatz müssen die Seiten grossartig und federleicht zugleich sein. Für Nutzer, die mit eingeschränkter Bandbreite und hohen Mobilgebühren umzugehen haben, ist es wichtig, dass so wenige Serverabrufe wie möglich erfolgen.

  3. Akzeptieren Sie, dass selbst für den geübtesten Nutzer das Tippen auf Glas kein Vergnügen ist. Entwerfen Sie Arbeitsabläufe, die Dateneingaben auf ein Minimum beschränken. Lassen Sie die Nutzern aus einer Liste auswählen, vorgegebene Listen mit mehreren Optionen durchsuchen, oder geben Sie ihnen automatische Vorschläge, damit sie Informationen leichter eingeben können. ZON hat sein mTec mit automatischer Worterkennung versehen, anstatt den Nutzern lange Listen von Optionen vorzusetzen, aus denen sie auswählten müssen. Das reduziert die Arbeitslast für mobile Nutzer und verschiebt eingabeintensive Arbeiten auf die Zeit, wenn sie im Büro sind.

  4. Entwerfen Sie Arbeitsabläufe für gängige Aufgaben. Dabei wird das Designteam gezwungen, alle Schritte und die Reihenfolge der notwendigen Aufgaben genau zu analysieren. Logische Abläufe zu erstellen, die die Nutzer abarbeiten können, nimmt ihnen viel Mühe ab. In unserer Studie sind viele Teams auf Probleme gestossen, weil der Ablauf, den sie in der mobilen Website oder App abbilden wollten, schon von vorneherein nicht funktioniert hat. Wenn ein Arbeitsablauf schon offline oder am Arbeitsplatzrechner nicht geradlinig oder logisch ist, kann die mobile Variante, die darauf aufbaut, es auch nicht sein. In diesem Fall ist es besser, erst den Prozess an sich zu überarbeiten und dann auf die mobile Variante zu übertragen.

  5. Nehmen Sie den Nutzern Arbeit ab, indem Sie intelligente Annahmen treffen, wann immer das möglich ist. Das ist im eingeschränkten Unternehmensumfeld oft einfacher als im offenen Internet, wo die Menschen alles tun können. Zum Beispiel richtet sich ShowMe an Ersthelfer, die in einer spezifischen Notfallsituation arbeiten, und wurde entwickelt, um die Nutzer durch jeweils eine Notfallsituation nach der anderen zu leiten. Die App behält auch das gewählte Szenario für 24 Stunden, damit sich die Nutzer nicht jedes Mal wieder einloggen müssen.

  6. Stellen Sie sicher, dass sich das Designteam auf spezifische Entscheidungen, wie die Schriftgrösse und wie viel Text jeweils angezeigt werden soll, konzentriert. Viele Teams haben während der Tests erkannt, dass grössere Schriftarten besser sind. Das zog detaillierte Designentscheidungen nach sich - zum Beispiel, ob eine komplette Überschrift, ein kompletter Produktname gezeigt werden soll oder nur eine Abkürzung; wo Auslassungspunkte hingehören oder wie viele Symbole oder Meldungen in eine Zeile passen.
    Manche Firmen verwenden Symbole oder Farbkodierungen als Abkürzung für Texte. Zum Beispiel verwendet das mobile Design 4Sales von ZON Farben, um "pünktlich" von "verspätet" zu unterscheiden. 12View ist eine Anwendung, die Inspektionsteams der grössten Kanalreinigungsfirma der Niederlande unterstützt. In dieser Umgebung wollen die Menschen nicht allzu viel lesen, daher verwendet die App auf der mobilen Nutzeroberfläche Symbole, die für Codes stehen, die man im Arbeitsplatzmodus ausgeschrieben lesen kann. (Anders als in diesem Unternehmensszenario führt die Verwendung von nicht etikettierten, nicht standardisierten Symbolen oft zu Usability-Problemen, wenn etwas für die Allgemeinheit gestaltet wird, wo man von einer Trainingszeit Null ausgehen muss.)

  7. Für mobile Zwecke zu schreiben stellt eine ähnliche Herausforderung dar: Wir wissen, dass mobile Inhalte kurz sein müssen und hier haben mobile Intranets den grossen Vorteil gegenüber öffentlichen Websites oder Apps, dass man die Autoren im Team zur Kürze anhalten kann. Splash ermutigt zum Beispiel die Mitarbeiter, Inhalte im Stückchenformat zu verfassen und hat den Styleguide der Firma um Musterlösungen für die mobile Kommunikation ergänzt.

Inhalte hinter einem eigenen Tab zu verbergen kann auch weiterhelfen; die Technik des gestaffelten Anzeigens (engl.) bedeutet, dass nur die Nutzer, die mehr Details haben wollen, diese zu sehen bekommen. Zum Beispiel minimiert 12View die Download-Zeit, indem standardmässig nur 10 Orte in der Nähe angezeigt werden; mehr Informationen gibt es nur bei Bedarf (wenn man tiefer gräbt). mTec verlässt sich auch sehr auf schrittweises Anzeigen und ShowMe zeigt standardmässig für jedes Szenario die jeweils hilfreichsten Symbole an und bietet einen Schnellzugriff auf die 10 zuletzt verwendeten Symbole. Wie auch immer es umgesetzt wird, der Trick beim schrittweisen Anzeigen liegt darin, sicherzustellen, dass Informationen, die alle Nutzer brauchen, nicht hinter einem zusätzlichen Schritt versteckt werden.

Gut angewendet, können Ihnen diese Empfehlungen helfen, die Designfallen mobiler Unternehmensanwendungen zu vermeiden und Ihre Ziele bei der Nutzerproduktivität Ihres Unternehmens zu erreichen.

Mobile Inhalte und geschäftskritische Anwendungen bilden eine neue Herausforderung für die Unternehmens-IT und das mobile Nutzererlebnis. Wir haben mittlerweile einige gute Designs, die es wert sind, übernommen zu werden, aber dem mobilen Intranet fehlt es in den meisten Firmen immer noch an der notwendigen Unterstützung im Management. Das ist keine Modeerscheinung, sondern ein Werkzeug.

 

Vollständiger Forschungsbericht: Mobile Intranets and Enterprise Apps (engl.)

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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