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22.01.2006

Die zehn besten Intranets des Jahres 2006

Dieses Jahr haben wir einen gestiegenen Gebrauch von Multimedia-Anwendungen, E-Learning, internen Blogs und mobilen Zugängen festgestellt. Die siegreichen Unternehmen begünstigten ein konsistentes Design, weil sie Wert auf die Ausbildung derjenigen Mitarbeiter gelegt haben, welche die Inhalte zur Verfügung stellen.

 

by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) - 23.01.2006

 

Die zehn besten Intranets des Jahres 2006 sind:

  • Allianz Australia Insurance,Australien
  • ALTANA Pharma AG, Deutschland
  • Bank of Ireland Group, Irland
  • Capital One, USA
  • IBM, USA
  • Merrill Lynch, USA
  • METRO Group, Deutschland
  • O2, Grossbritannien
  • Staples, USA
  • Vodafone, Grossbritannien

In diesem Jahr befindet sich die Mehrheit der Gewinner zum ersten Mal ausserhalb der Vereinigten Staaten, was das anhaltend weltweite Wachstum an gutem Intranet-Design unterstreicht. In Wirklichkeit ist die Globalisierung des guten Intranet-Designs grösser, als es diese einfache Liste unterstellt; viele der siegreichen Unternehmen sind hochgradig multinational und haben ihre Team-Mitglieder in zahlreichen Ländern. Bei Vodafone wird die Intranet-Technologie beispielsweise in Deutschland verwaltet, während die Entwicklungsaufwendungen in Kalifornien, Spanien, Italien und Ägypten erfolgen.

Die Gewinner dieses Jahres sind alles Grosskonzerne mit durchschnittlich 80’000 Mitarbeitern. In früheren Jahren hatten wir stets auch Gewinner mit nur ein paar hundert Mitarbeitern, aber dieses Jahr hat das kleinste Unternehmen 3’000 Mitarbeiter. Es kann gut sein, dass Grossunternehmen ihrer Intranet-Qualität endlich eine hohe Priorität gegeben haben, und es deshalb für kleinere Firmen schwieriger wird, zu konkurrieren. Allerdings genügen die Ergebnisse eines Jahres nicht, um einen solchen Trend zu bestätigen.

Wie dem auch sei, auch wenn kleinere Organisationen vielleicht nicht die Ressourcen haben, viele Features zu implementieren, können sie trotzdem von den Erfahrungen der Grosskonzerne profitieren.

Ein Trend aus früheren Jahren hält an: der starke Auftritt von Finanzdienstleistern. Dieses Jahr sind 40% der Gewinner Finanzdienstleister, während Industrieunternehmen weiterhin untervertreten sind. Ein möglicher Grund dafür ist, dass Finanzdienstleister traditionell grossen Wert auf Usability und Büroproduktivität legen, während sich Industrieunternehmen seit jeher auf physische Aspekte konzentrieren und deshalb weniger Erfahrung damit haben, gute Bildschirm-Designs zu erstellen.

Anhaltende Trends

Ein bemerkenswerter Trend früherer Wettbewerbe - die Bestrebungen nach einem einheitlichen Intranet "Look and Feel" - ist dieses Jahr noch mehr in den Vordergrund gerückt. Fast alle Sieger haben aktive Programme am Laufen, um Templates und Design-Standards zu verbreiten.

Etliche Sieger-Intranets haben zudem besondere Trainings-Aktivitäten für diejenigen Mitarbeiter entwickelt, welche die Inhalte zur Verfügung stellen, um ihnen zu zeigen, wie man Design-Templates korrekt verwendet und wie man optimale Intranetseiten produziert. Die Templates an sich lassen den Nutzern Spielraum beim Einsatz von Formaten und Layouts. Deshalb brauchen die Autoren Trainings, um die Templates korrekt anzuwenden und so ein konsistentes Intranet-Design zu wahren.

Um dieses Ziel voranzutreiben, bietet beispielsweise die Bank of Ireland eine ausführliche Wissensdatenbank mit Tipps für Intranet-Autoren an. Solche Trainingsleistungen sind notwendig, um ein einheitliches Intranet-Design zu erhalten. Es reicht nicht, einfach Regeln und Design-Standards zu publizieren; man muss diese den Leuten auch beibringen.

Ein weiterer anhaltender Trend ist der Einsatz aufgaben-orientierter Informationsarchitekturen anstelle von Architekturen, die sich an den Unternehmenseinheiten orientieren.

Die Navigationen sind sehr umfassend geworden, mit guten globalen und lokalen Navigationen. Firmen präsentieren die Navigation normalerweise in der linken Spalte, währendem sie die Features in der oberen Top-Navigation aufführen. Viele der Sieger-Intranets machen zudem exzellenten Gebrauch von "Breadcrumbs" (Navigationspfaden), was den Nutzern hilft, sich in den riesigen Informationsräumen heutiger Intranets zu orientieren.

Ein weiterer früherer Trend hat auch in diesem Jahr bei vielen Gewinnern angehalten: Die Verwendung von Kiosks, um auch den Mitarbeitern Zugang zum Intranet zu verschaffen, die nicht in Büros arbeiten. Staples hat in ihren Geschäften sogar Kioske, auf denen die Mitarbeiter den Kunden spezielle und begrenzte Intranet-Inhalte zeigen können, die zur Förderung des Absatzes beitragen. Auf der anderen Seite enthält das Intranet der Bank of Ireland ausgewählte Web-Inhalte für die Mitarbeiter von Abteilungen, die an ihren Arbeitsplätzen keinen Zugang zum öffentlichen Internet haben.

Technische Vielfalt

Wie in früheren Jahren weist die Technik, die man zum Implementieren von Intranets verwendet, wiederum eine erstaunliche Vielfalt auf. Die Teams der zehn Sieger-Intranets haben insgesamt 54 verschiedene Produkte eingesetzt. Wir sind klar noch weit von einem konsolidierten Markt entfernt, auf dem zwei bis drei dominante Anbieter alles anbieten, was man braucht. Im Gegenteil, Intranet-Teams müssen sich ihre Eigenlösungen mit zahlreichen Teilen verschiedenster Anbieter zusammenbauen. Tatsächlich mussten sich 40% der Gewinner ihr eigenes massgeschneidertes Content-Management-System (CMS) selbst zusammenbauen.

Die meistverwendeten Produkte dieses Jahres waren Apache, Autonomy, BEA Portal, EMC Documentum, IBM WebSphere, J2EE, Lotus Domino und Lotus Notes, Lucine search engine, Microsoft SQL, Oracle database, Verity sowie etliche Versionen von Windows-Servern.

Multimedia-Anwendungen

Die meisten Gewinner dieses Jahres machen in ihren Intranets signifikant Gebrauch von Videos, wobei sie die grosse Bandbreite ausnutzen, die in Firmennetzwerken üblich ist. Vodafone hat mit einem speziellen Vodafone-TV-Bereich, welcher Videos von einem globalen Korrespondententeam anbietet, Video wahrscheinlich am stärksten integriert.

Wenn man Vidoes schlecht einbindet, können sie die Produktivität erheblich reduzieren. So ist es zum Beispiel wichtig, bei den Nutzern die genau richtigen Erwartungen zu wecken, damit sie nur solche Videos anklicken, die sie wirklich sehen wollen. Merrill Lynch verlinkt seine Videos über eine hoch effektive Durchgangsseite, auf der sich eine präzise Zusammenfassung der Video-Ereignisse befindet, einschliesslich der Informationen über die dort präsentierten Sprecher. Die Zeit, die man braucht, um solche Seiten zu schreiben, ist nichts im Vergleich zu der Zeit, die bei Tausenden von Mitarbeitern eingespart werden.

Multimedia muss nicht unbedingt zu Videos führen; auch einfachere Medientypen haben ihren Platz. Zum Beispiel enthält das Mitarbeiterverzeichnis von IBM Audiodateien mit der Aussprache der Namen der Leute - eine höchst nützliche Funktion in einem multinationalen Unternehmen.

Webtrends in den Intranets

Nebst steigendem Video-Gebrauch sehen wir, dass viele andere Webtrends in den Intranetbereich migriert werden. Das macht Sinn, weil die meisten Mitarbeiter bei der Arbeit und im Privatleben Websites nutzen. Das bringt sie oft darauf, bestimmte Funktionen oder Design-Ansätze, die im Web verbreitet sind, zu erwarten oder sogar regelrecht danach zu verlangen.

Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür ist das Nachschub-Ordersystem von ALTANA. Das System verwendet eine vollständige E-Shop-Metapher, mit allem Drum und Dran bis hin zum Warenkorb. Die Leute sind es gewohnt, Produkte auf eine bestimmte Weise auszuwählen - also liegt es nahe, dieses Wissen wirksam einzusetzen und eine Funktion zu programmieren, von der sie bereits wissen, wie man damit umgeht. Ein weiteres gutes Beispiel ist der extensive Gebrauch von Webblogs im IBM-Intranet, einschliesslich eines wirkungsvollen Dashboard-Interfaces, mit dem die Nutzer sowohl andere Blogs als auch die Folgemeldungen zu ihren eigenen Beiträgen und Kommentaren beobachten können. Trotz des beträchtlichen Web-Hypes beobachten wir aber bei den meisten Firmen noch recht wenig geschäftliches Blogging.

Stärker zielgerichtete, aufgaben-orientierte Werkzeuge tendieren dazu, besser zu funktionieren. Staples bietet beispielsweise eine blog-artige Funktion an, mit der die Geschäftsleiter einander über die Fortschritte informieren können, die sie bei der Vorbereitung auf werbegestützte Verkaufsangebote gemacht haben. Staples bietet diese Funktion aber nicht etwa in einem getrennten Community-Bereich an, sondern als einfaches Notizblock-artiges Schreibfeld in dem Intranet-Bereich, in welchem die Geschäftsleiter die Werberundbriefe anschauen. Das sind zeit- und raumnahe Notizen - genau für diese äusserst wichtige Aufgabe zugeschnitten.

Schliesslich haben wir auch einen Kontra-Trend ausgemacht: den ersten guten Gebrauch von Overlay-Bildern. Im Web ist das eine der ärgerlichsten und abschreckendsten Werbemethoden. Gleichwohl verwendet Allianz Australia solche Overlays effektiv, um nützliche neue Intranet-Funktionen hervorzuheben und zu erläutern. Natürlich warnen wir gewöhnlich vor dem Einsatz derjenigen Techniken, die mit verhassten Web-Ansätzen assoziiert sind. Machen Sie das nur mit extremer Vorsicht und nur dann, wenn Sie sicher sind, dass die besonderen Umstände des Intranets es der Technik erlauben, einen Mehrwert zu erzeugen.

Mobile Zugänge

Obwohl mobile Intranets noch nicht weit verbreitet sind, unterstützen einige der diesjährigen Gewinner mobile Funktionen. O2 hat eine spezielle mobile Version ihres Intranets, die für BlackBerry optimiert worden ist und welche die Startseite auf einige ihrer nützlichsten Links zusammenkürzt. O2 integriert auch mobile Funktionen sehr nett in ihr Mitarbeiterverzeichnis. So können beispielsweise die Nutzer vom Verzeichnis aus eine SMS mit den Kontaktdaten einer Person auf ihr Handy senden.

Vodafone - der andere Telekommunikations-Anbieter unter den diesjährigen Gewinnern - bietet ebenfalls extensive mobile Zugänge ins Intranet mit vereinfachten Seiten für Smartphones an. Dieses mobile Intranet reduziert das Inhaltsangebot, indem es weniger Überschriften verwendet, damit die Nutzer neue Auflistungen auf einem kleineren Bildschirm besser überfliegen können. Wichtige Funktionen wie das Mitarbeiterverzeichnis haben besondere Nutzeroberflächen, die für den mobilen Zugang optimiert worden sind.

Diese auf den mobilen Zugang ausgerichteten Bildschirmseiten verweisen auf die Tatsache, dass mobile Geräte und Netzwerke sich soweit weiterentwickelt haben, dass sie für Geschäftsleute, die gerade unterwegs sind, extrem nützlich werden können. Mobile Geräte sind nicht mehr länger nur Telefone; sie sind auch Intranet-Erweiterungen - zumindest dann, wenn das Intranet Funktionen hat, welche für die kleinen Bildschirme konzipiert worden sind. Der Trend, von mobilen Geräten aus Intranet-Zugänge anzubieten, wird sich sicherlich fortsetzen, wenn sich der Wert dieses Konzeptes über die Telekommunikationsfirmen, die diesen Weg bereits vorangeschritten sind, hinaus ausweitet.

Training und E-Learning

Ein anderer Trend war in diesem Jahr der steigende Gebrauch von Trainingsbereichen auf den Intranets. Die besten Designs platzieren traditionelle Trainings-Möglichkeiten und E-Learning oft im gleichen Bereich. Aus Nutzersicht ist das Lernen das Wichtigste - gleichgültig ob es online oder im Klassenzimmer stattfindet. Viele Intranets bieten zudem besondere Trainingsbereiche an, in denen neue Mitarbeiter etwas über ihren neuen Arbeitgeber erfahren können.

Die METRO Gruppe hat einen besonders beträchtlichen Satz von E-Learning-Funktionen, um ihre mehr als 250.000 Mitarbeiter über die sich stets wandelnde Welt des Einzelhandels fortzubilden. Viele der Tutorien werden als interaktive Flash-Animationen in einem konstanten Interface präsentiert, das Text, Bilder und bewegte Bilder integriert und eine einfache Steuerung hat, um in der Präsentation auf- und ab zu gehen.

Es ist wichtig, beim E-Learning die Steuerung der Nutzeroberfläche in dieser Weise auszubauen: Die Leute fühlen sich oft desorientiert oder frustriert, wenn Tutorien die Kontrolle über das System übernehmen und ihnen die Freiheiten vorenthalten, welche die Web (und Intranet) User Experience normalerweise beinhaltet.

Eine bemerkenswerte und einzigartige E-Learning-Funktion ist das Spiel Knowledge Quest bei der METRO Group, das den Mitarbeitern fortgeschrittene Handelstechniken beibringt. In Intranets sind Spiele zwar nicht verbreitet, aber beim E-Learning haben sie ihren Platz, weil sie die Motivation der Lernenden durch dein Einsatz von Fun-Elementen steigern können.

À propos Fun: Auch die O2 Fun Zone ist es wert erwähnt zu werden. In dieser Zone können die Mitarbeiter Klingeltöne herunterladen - eines der wichtigsten Produkte von O2. Das ist zwar an sich keine E-Learning-Funktion, aber es ermuntert die Mitarbeiter dazu, mehr Erfahrungen aus erster Hand mit Klingeltönen zu machen. Ausserdem können die Mitarbeiter in der O2 Fun Zone einander E-Cards mit dem Firmenlogo zusenden - passend zu Gelegenheiten wie Urlaub, Geburtstag, Gute-Besserungs-Wünschen - was den Gemeinschaftssinn fördert.

ROI und zu erwartender Nutzen

IBM hat ihr Mitarbeiterverzeichnis als BluePages tituliert, in Anspielung auf den Firmenspitznamen "Big Blue". BluePages ist eines der imposantesten Mitarbeiterverzeichnisse, die wir je gesehen haben (und wir haben Hunderte gesehen). Das Design-Team schätzt, dass die Überarbeitung dieser Killer-Anwendung den Mitarbeitern jeden Monat 72 Minuten einspart. In ähnlicher Weise schätzt man, dass das Redesign des IBM-Managerbereichs pro Manager 42 Minuten im Monat einspart - eine besonders wichtige Zugabe angesichts der höheren Gehälter dieser Gruppe.

Bei der Grösse von IBM entsprechen diese Produktivitätsgewinne, die durch verbessertes Intranet-Design entstanden sind, gewaltigen Geldbeträgen. Es wird geschätzt, dass alle BluePages bei IBM schätzungsweise 194 Millionen $ im Jahr einsparen. Kleinere Firmen können natürlich nicht so grosse Einsparungen erzielen, aber die Annahme ist sicher realistisch, dass man eine Stunde oder mehr pro Mitarbeiter und Monat einspart, wenn man das Intranet auf Usability hin überarbeitet. Bei normalen Stundensätzen für Vollzeitbeschäftigte ergeben sich daraus oft Ersparnisse von annähernd 1000 $ pro Jahr und Mitarbeiter - eine glatte Million also für ein mittelgrosses Unternehmen mit tausend Mitarbeitern.

Im Allgemeinen führen nur wenige Intranets sorgfältige Studien über Produktivitätsverbesserungen durch, und deshalb gibt es nur selten harte ROI-Zahlen. So war es auch bei den meisten Gewinnern dieses Jahres. Es ist eher verbreitet, die steigende Nutzung des Intranets zu messen und dann zu sagen: "Wenn die Leute es häufiger nutzen, muss es besser geworden sein."

Über alle diesjährigen Gewinner gerechnet haben die Intranet-Seitenabrufe nach der Überarbeitung um durchschnittlich 106% zugenommen. Dies sind die Sieger-Intranets; im Allgemeinen ist es realistischer anzunehmen, dass die Intranet-Nutzung nach einer Usability-Überarbeitung um etwas weniger als 100% zunimmt.

Auch dabei kann man für einzelne Spezial-Anwendungen sogar noch grössere Zunahmen erzielen, einfach indem man sie leichter zugänglich macht. Staples hat beispielsweise ein "Gewinn-Verbesserungs-Kultur"-Programm, bei dem die Mitarbeiter Vorschläge machen können, wie man das Unternehmen profitabler machen könnte, beispielsweise durch die Reduzierung von Kosten, Verbesserung von Prozessen und anderem mehr. Nachdem das Unternehmen das Formular für die Eingabe von Ideen im Intranet platziert hatte, stieg die Anzahl der Mitarbeiter-Vorschläge um das Dreifache. Staples schätzt, dass man auf Grundlage der mit diesem Programm generierten Ideen 200 Millionen $ eingespart hat.

Ein anderer Weg, den Erfolg eines Intranets zu bestimmen, ist es, den Anteil der Mitarbeiter zu messen, die das Intranet nutzen. Bei den Gewinnern rangiert dieser Anteil zwischen 75% und 99%. Natürlich hängt der genaue Anteil der Mitarbeiter, die das Intranet nutzen, von der Art der Arbeit ab, die sie leisten. Büropersonal und Fachkräfte neigen häufiger dazu, das Intranet zu nutzen, als Leute, die in Fabrikräumen arbeiten oder Transporte durchführen. Im Allgemeinen jedoch sollte man eine Gesamtnutzungsrate von mindestens 75% anstreben. Wenn weniger als die Hälfte Ihres Büropersonals das Intranet nutzt, dann halten Sie wahrscheinlich ein Usability-Desaster in den Händen.

Usability-Methoden und Designprozess

Die Intranet-Design-Ansätze stabilisieren sich: Neue Designs bleiben länger verwendbar. Im Schnitt liessen die Gewinner dieses Jahres 33 Monate zwischen den einzelnen Intranet-Redesigns verstreichen, bei den letztjährigen Gewinnern waren es noch 29 Monate. Die Redesigns der diesjährigen Gewinner haben im Schnitt zehn Monate in Anspruch genommen, was recht schnell ist.

Trotz dieser raschen Designprozesse haben die Redesign-Teams sich die Zeit für mehr Nutzerforschung genommen. Wenn wir die Design-Jahresberichte der letzten sechs Jahre durchsehen, sind die Usability-Aktivitäten deutlich angewachsen. Die folgende Grafik zeigt einen Vergleich zwischen den ersten drei Jahren und den letzten drei Jahren im Hinblick darauf, wie oft die Intranet-Projekte bestimmte Usability-Methoden angewandt haben:

Anteil der Sieger-Intranet-Projekte, die bestimmte Usability-Methoden angewandt haben

Bildlegende: Anteil der Sieger-Intranet-Projekte, die bestimmte Usability-Methoden angewandt haben

Alle Methoden weisen ein Wachstum auf, wobei die heuristische Evaluation besonders stark zugenommen hat. Das macht Sinn, weil diese Methode darauf beruht, dass man eine Nutzeroberfläche im Vergleich mit einem bekannten Satz von Usability-Prinzipien (den "Heuristiken") bewertet. In den frühen Jahren der Intranets gab es noch keine gut dokumentierten Usability-Ergebnisse für Intranets, was es schwierig machte, diese Methode anzuwenden. Jetzt aber haben die Intranet-Designer Zugang zu gut dokumentierter Nutzerforschung und systematischen Kenntnissen über Intranet-Usability, und diese Kenntnisse können sie anwenden, um ihre eigenen Designs zu beurteilen.

Barrierefreiheit ist bei den meisten Intranets noch kein Hauptziel. Dennoch haben wir dieses Jahr viele Intranet-Designs gesehen, die an behinderte Nutzer gedacht und einige barrierefreie Funktionen integriert haben. Zwar gingen nur sehr wenige Projekte so weit, wirkliche Barrierefreiheitstests mit behinderten Nutzern durchzuführen, aber etliche Projekte haben grundlegende Richtlinien für Barrierefreiheit befolgt wie zum Beispiel, starre Schriftgrössen zu vermeiden.

Diese wachsende Aufmerksamkeit für Barrierefreiheit mag mit der Durchschnittsgrösse der siegreichen Unternehmen dieses Jahres zu tun haben. Je grösser ein Unternehmen, desto mehr behinderte Mitarbeiter, desto grösser auch der Gewinn, wenn man das Intranet barrierefrei macht. Grössere Unternehmen haben auch oft mehr ältere Mitarbeiter, die ebenfalls Usability-Anpassungen brauchen.

Intranet Branding

Es ist immer wieder die gleiche Frage: Soll man dem Intranet einen besonderen Markennamen geben? Bei früheren Gewinnern waren die Meinungen geteilt: 59% der Intranets hatten einen Namen, 41% hiessen einfach »das Intranet«. Dieses Jahr allerdings haben die Markennamen stark zugelegt: 80% der Intranets tragen einen. Die Namen der diesjährigen Intranets lauten: insite, My One Place, On Demand Workplace (ODW), WorldNet, Networking, vitalO2, Staples@work und vista.

Ein Jahr allein macht natürlich noch keinen Trend aus, zumal die Gewinner des letzten Jahres nur zu 50% einen Markennamen hatten. Ausserdem schlägt ein grossartiges Design ohne Namen ein lausiges Intranet mit einem noch so schicken Namen. Konsistenz im Design und im Seitenlayout stärkt die Intranet-Marke mehr als irgendein Name.

Schliesslich gibt es keinen Grund, den Markenkult zu übertreiben: Intranets sind für den internen Gebrauch bestimmt, und Sie müssen nicht mit fünfzig anderen Intranets konkurrieren. Wir haben etliche Intranets gesehen, die überfüllt sind mit Werbung für verschiedene Unternehmenseinheiten oder gar für das Intranet selbst. Solche heftigen Promotionen richten mehr Schaden als Nutzen an. Im besten Fall ignorieren die Nutzer sie einfach; im schlimmsten Fall reduzieren sie die Nutzer­produktivität drastisch.

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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