Die Top 3 der IA-Fragen zu Navigationsmenüs
Die Anzahl und Reihenfolge von Navigationskategorien und die Verwendung von Hover-Menüs für Touchscreens sind gängige Fragen, die bei der Organisation von Informationen auf einer Website oder in einer App auftauchen.
by Kathryn Whitenton (deutsche Übersetzung) - 04.01.2015
Einige Probleme der Informationsarchitektur (IA) treten nur in bestimmten Situationen auf - ein besonderes Publikum oder spezielle Arten von Inhalten können ungewöhnliche Herausforderungen darstellen. In unseren Informationsarchitektur-Kursen (engl.) werden uns allerdings einige Fragen, mit denen Designer verschiedenster Hintergründe Probleme zu haben scheinen, immer wieder gestellt.
Wie es bei vielen Designproblemen der Fall ist, gibt es auf diese Fragen nur selten eine absolute, eindeutige Antwort. Es gibt allerdings bestimmte Überlegungen, die Ihnen dabei helfen können, diese Fragen für Ihre spezifischen Umstände zu beantworten.
Hier sind die wichtigsten Usability-Probleme, basierend auf den Fragen zur Informationsarchitektur, die uns unsere Kursteilnehmer am häufigsten stellen.
Wie viele Kategorien sollten wir verwenden?
Eine Daumenregel ist es, genügend Kategorien zu verwenden, um alle Informationen zu präsentieren, die auf der Website oder in der App angeboten werden. Doch wie viele sind "genügend"? Das variiert je nach Inhalt und Zweck der Website.
Für einfache Seiten mit beschränkten Inhalten reichen normalerweise wenige Kategorien aus. Diese minimalistische Präsentation hilft Nutzern dabei, schnell zu verstehen, welche Dinge zur Verfügung stehen und den richtigen Bereich auszuwählen. Sehen wir uns zum Beispiel Dyson an, das Unternehmen, das unglaublich schnelle Handtrockner produziert (welche im Gegensatz zu den meisten "berührungslosen" Wasserhähnen und Seifenspendern am Markt tatsächlich funktionieren). Die gesamte Dyson Airblade Website widmet sich wenigen Variationen des Kernprodukts. 5 Kategorien sind daher definitiv ausreichend, um Benutzern einen guten Überblick über die Website zu geben und schnellen Zugriff auf die verschiedenen Arten von Inhalten zu bieten.
Kleine Websites, wie airblade.dyson.com, sollten den gesamten Inhalt der Website mit wenigen Kategorien präsentieren können.
Das andere Extrem ist RestroomDirect, eine weitere Website, die Handtrockner verkauft - allerdings noch 15 weitere Arten von Armaturen für öffentliche Toiletten anbietet. Falls diese Website auf 5 Hauptkategorien beschränkt würde, wäre es viel schwieriger für Besucher, die gesamte Produktpalette zu entdecken. Stattdessen bietet die Website 7 Links in der oberen, horizontalen Navigation und 17 Produktkategorien in der vertikalen Navigation (welche erweitert werden kann, um noch mehr Unterkategorien anzuzeigen).
Websites, wie www.restroomdirect.com, die eine grosse Auswahl von Produkten und Inhalten anbieten, funktionieren normalerweise besser mit mehr Kategorien.
Falls Sie Glück haben, entspricht Ihr Inhalt genau einem dieser Extreme und Sie wissen bereits am Anfang des Designvorgangs, wie viele Kategorien Sie ungefähr benötigen werden. Für Inhalte, die über keine klaren Ordnungsprinzipien verfügen (zum Beispiel sehr unterschiedliche Arten von Produkten), sollten Sie eventuell Card Sorting in Erwägung ziehen, um zu verstehen, wie Menschen durch die Seite navigieren möchten.
In jedem Fall gilt ein grundlegendes Prinzip: die Anzahl der Kategorien sollte sicherstellen, dass Besucher Informationen einfach finden und auf diese zuzugreifen können - sie sollte nicht festgelegt werden, da im Vorfeld die Entscheidung getroffen wurde, dass "wir nur 4 Kategorien haben sollten".
Sollten Kategorien alphabetisch geordnet werden?
Eine weitere häufig gestellte Frage ist: "In welcher Reihenfolge sollten die Kategorien angeführt werden?" Designer fragen sich oft, ob Links in alphabetischer Reihenfolge platziert werden sollten oder ob ein anderes Ordnungsprinzip besser funktioniert.
Es gibt keine Antwort, die für jede Situation gilt, hier sind aber die 3 Schlüsselfaktoren, die Sie berücksichtigen sollten:
- Gibt es ein sinnvolleres Ordnungsprinzip?
- Kennen Besucher die genauen Kategorienamen bereits?
- Wie viele Kategorien gibt es?
Sinnvolle Ordnungsprinzipien
Normalerweise gibt es eine andere Möglichkeit, um Inhalte zu organisieren, die der alphabetischen Reihenfolge überlegen ist. Bevor Sie also Ihre Links standardmässig alphabetisch ordnen, suchen Sie nach Ordnungsprinzipien, wie die Häufigkeit der Nutzung, die vielen Menschen dabei helfen, schnell auf jene Informationen zuzugreifen, die sie mit grösster Wahrscheinlichkeit benötigen. Zum Beispiel wählt Rightmove.co.uk, eine ImmobilienWebsite, For Sale (Zu verkaufen) und To Rent (Zu mieten) als erste Punkte der globalen Navigation.
Indem die Punkte, auf die am häufigsten zugegriffen wird, an erster Stelle gelistet werden, müssen die meisten Menschen nicht das gesamte Menü durchsuchen und es wird verhindert, dass sehr wichtige Links in der Mitte oder ganz am Ende übersehen werden.
Rightmove.co.uk, eine britische Seite für Immobilienanzeigen, führt zuerst die wichtigsten Kategorien (For Sale und To Rent) an, anstatt die Punkte alphabetisch zu sortieren.
In alphabetischer Reihenfolge würde das Rightmove-Menü zum Beispiel wie folgt aussehen:
Falls die Hauptnavigation von Rightmove alphabetisch geordnet wäre, würde For Sale in der Mitte stehen, während To Rent am Ende des Menüs auftaucht.
Neben dem Effizienzvorteil der Platzierung der am häufigsten verwendeten Menüpunkte an erster Stelle, gibt es wahrscheinlich auch einen geschäftlichen Vorteil für die Seite: indem "For Sale" und "To Rent" nebeneinander platziert werden, entdecken Nutzer mit grösserer Wahrscheinlichkeit, dass die Website beide Möglichkeiten anbietet.
Standard-Bezeichnungen
Allerdings gibt es auch Fälle, in denen eine alphabetische Reihenfolge Sinn macht: wenn Ihre Kategorien nur über eine mögliche Bezeichnung verfügen - zum Beispiel Produktnamen oder Markennamen. In dieser Situation werden Nutzer mit grösserer Wahrscheinlichkeit nach dem bestimmten Wort suchen, wobei eine alphabetische Reihenfolge sinnvoll ist - auch wenn die Liste nur wenige Punkte umfasst. (Sie sollten aber bedenken, dass viele neue Kunden Ihre firmeneigenen - d.h. erfundenen - Markennamen nicht kennen.)
Lange Listen durch alphabetische Reihenfolge optimieren
Die alphabetische Reihenfolge sollte auch in Erwägung gezogen werden, wenn Sie eine lange Liste von Kategorien präsentieren müssen, von denen alle gleich wichtig sind. Eine lange Liste zu lesen ist zeitraubend, wenn die Punkte alphabetisch geordnet wurden. Es können aber zumindest einige Menschen den Rest der Liste ignorieren, sofern sie das Glück haben, sich an den genauen Namen der Kategorie, nach der sie suchen, zu erinnern. Die Grainger.com Website verfügt zum Beispiel über 32 Produktkategorien, wodurch eine relativ lange Liste entsteht. Da die Links aber alphabetisch geordnet sind, kann jemand, der sich für Sanitärprodukte interessiert und "Plumbing" ("Sanitär") als Kategoriebezeichnung errät, schnell zur unteren Hälfte der Liste scrollen, ohne sich die oberen Links durchlesen zu müssen. (Beachten Sie, dass das nur gilt, wenn die Menüpunkte, wie oben beschrieben, mit Standard-Bezeichnungen versehen wurden. Besucher, die das genaue Wort, nach dem sie suchen, nicht kennen, müssen sich dennoch das gesamte Menü durchlesen. Die alphabetische Reihenfolge wird den Vorgang in diesem Fall nicht wesentlich beschleunigen.)
Die alphabetische Reihenfolge funktioniert gut, wenn Sie eine sehr lange Linkliste präsentieren müssen, wie in der Produktliste von Grainger.com zu sehen - vorausgesetzt, dass die Kategorien relativ standardisiert und einfach zu erraten sind.
Eine kürzere Liste ist schneller gelesen und die Zeit, die durch die alphabetische Sortierung gespart wird, weniger signifikant. Natürlich drängt sich dabei die Frage auf: wie viele Kategorien stellen eine "lange" Liste dar? Im Allgemeinen sollte die alphabetische Sortierung für Listen mit 20 oder mehr Punkten in Erwägung gezogen werden. Falls eine Liste aus weniger als 10 Kategorien besteht, hat eine alphabetische Reihenfolge wenige Vorteile (ausser es handelt sich um einzigartige Begriffe, nach denen Nutzer gezielt suchen).
Die alphabetische Reihenfolge mit anderen Ordnungsprinzipien kombinieren
Falls Ihr Inhalt zu mehreren dieser Szenarien passt, müssen Sie kreativ werden. Eine lange Kategorieliste mit wenigen Kategorien, die sehr wichtig sind, schreit nach einem zweiteiligen Menü: einer kurzen Liste mit den beliebtesten Punkten und einem Link zur längeren, alphabetisch geordneten Liste. Für Listen, die viele Kategorien enthalten, aber keine eindeutig erkennbaren Bezeichnungen aufweisen, ist eventuell eine mehrstufige Struktur notwendig. Lynda.com verwendet eine Kombination aus bevorzugten, alphabetischen und hierarchischen Strukturen. Da es eine grosse Anzahl von Kursthemen gibt und diese über keine standardisierten Bezeichnungen verfügen, wurden sie in eine zweistufige, hierarchische Liste eingeteilt. Da die übergeordneten Kategorien breiter sind, ist dieses übergeordnete Menü kürzer und kann schnell durchgesehen werden. Lynda.com verwendet auch eine Kombination der bevorzugten und alphabetischen Reihung in der Liste der Education Software Programme: die 10 beliebtesten Programme werden angeführt, wonach ein Alle ansehen Link zur kompletten, alphabetisch geordneten Liste führt.
Lynda.com kombiniert eine alphabetische Reihenfolge, eine bevorzugte Platzierung und eine hierarchische Struktur, um eine grosse Anzahl von Links auf verständliche Weise zu präsentieren.
Wie Sie sehen, gibt es eine Vielzahl von Faktoren, die beeinflussen, wie Menschen Menüs verstehen und verwenden, und nur wenige universell anwendbare Regeln, wie Sie Kategorielinks präsentieren "sollten". Ihre Menüs zu testen und dabei Ihre Zielgruppe zu Rate zu ziehen, ist die beste Möglichkeit, um herauszufinden, was in Ihrer Situation funktioniert.
Sollten Hover-Menüs eliminiert werden, da Touchscreens keine Mouseovers ermöglichen?
Aufgrund des ständig steigenden Traffics von Touchscreen-Geräten, fragen sich viele UX-Designer, ob Websites immer noch über Hover-Menüs verfügen sollten.
Natürlich funktionieren Hover-Menüs für Menschen, die über einen Touchscreen auf eine Website zugreifen, nicht sehr gut. Auch wenn das Menü angepasst wird, damit es durch ein Tippen, anstatt des Mouseovers, aktiviert werden kann, sind Touchscreens oft zu klein, um Platz für ein gesamtes Menü zu bieten. Das kann zu unbeholfenen, fehleranfälligen Versuchen führen, durch das Menü zu scrollen, ohne versehentlich das Menü zu deaktivieren, indem auf eine andere Stelle der Website getippt wird.
Doch nur, weil ein Teil Ihres Publikums eine Funktion nicht verwenden kann, bedeutet das nicht, dass Sie sie gar niemandem zur Verfügung stellen sollten. Auf normalen Laptops und Desktops spielen Hover-Menüs eine wichtige Rolle und bieten sofort Zugriff auf eine riesige Anzahl von Auswahlmöglichkeiten. Der Schlüssel ist die Graceful Degradation (Fehlertoleranz): stellen Sie sicher, dass Nutzer, denen keine Mouseovers zur Verfügung stehen, dennoch auf Ihre Inhalte zugreifen können.
Es ist nicht schwer, ein gelungenes Beispiel dafür zu finden. Die Fedex-Website bietet über Hover-Menüs schnellen Zugriff auf alle Versandmethoden. Diese Menüs können auf kleinen Touchscreens unhandlich sein und wurden daher durch ein einfaches Menü ersetzt, das durch Tippen aktiviert wird.
Die Fedex.com Website verwendet Hover-Menüs, um Zugriff auf die vielen verschiedenen Versandservices zu bieten.
In der Version der Fedex-Website, die für mobile Geräte optimiert wurde, wurden die Hover-Menüs durch einfache Menüs, die angetippt werden können, ersetzt.
Schlussfolgerung
Auf Fragen zum Nutzererlebnis können unterschiedliche Antworten gegeben werden, welche von den genauen Umständen abhängen. Prinzipien der Informationsarchitektur bieten gute Anhaltspunkte für das Design, die besten Resultate werden allerdings erzielt, indem theoretisches Wissen mit direkter UX-Forschung kombiniert wird, welche beweist, dass Ihr Design das Zielpublikum anspricht.
Mehr über UX-Richtlinien und beste Vorgehensweisen - sowie über Techniken für ihre eigene Forschung - erfahren Sie in unseren detaillierten Usability Week (engl.) Trainingskursen, wie dem ganztägigen Kurs über Navigationsdesign (engl.).
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