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28.02.2015

Multitasking auf mobilen Geräten

Multitasking bedeutet, schnell zwischen verschiedenen Apps wechseln und mehrere Informationsquellen kombinieren zu können. Kleine Handybildschirme schränken die Fähigkeit des Nutzers ein, Inhalte verschiedener Apps gleichzeitig zu sehen...

© sdecoret - Fotolia.com

 

by Raluca Budiu (deutsche Übersetzung) - 01.03.2015

 

Kleine Handybildschirme schränken die Fähigkeit des Nutzers ein, Inhalte verschiedener Apps gleichzeitig zu sehen, weshalb sich die Multitasking-Funktionen aktueller Betriebssysteme vor allem darauf konzentrieren, zwischen verschiedenen Apps hin und her zu wechseln. Das erfordert eine erhöhte Gedächtnisleistung des Nutzers, deshalb müssen Designer mobiler Systeme sicherstellen, dass Nutzer kürzlich angesehene Dinge vergleichen und schnell wieder abrufen können.

Wenn es um die Computer-Nutzung geht, bezieht sich Multitasking auf die Fähigkeit, mehrere Anwendungen gleichzeitig laufen zu lassen und ganz einfach zwischen ihnen hin- und her zu wechseln. Nutzer greifen oft zu Multitasking während sie komplexe Aufgaben erledigen, für die sie mehrere Informationsquellen benötigen. In der Tat sind Informationen zu sammeln, sie zu vergleichen (engl.) und sich zwischen mehreren Möglichkeiten zu entscheiden, die wichtigsten Aufgaben, die Menschen mit Informationstechnologien erledigen: sich eine einzelne Information anzusehen kann Spass machen oder lehrreich sein, die beste Option aus mehreren Möglichkeiten zu wählen, kann aber ein Leben retten, Ihnen einen Bonus bescheren oder wenigstens sicherstellen, dass Sie einen Abend im Kino geniessen werden.

Wenn sie einen grossen Bildschirm verwenden öffnen Nutzer häufig zwei Anwendungen nebeneinander und lesen sich diese abwechselnd durch. Manchmal verschieben sie sogar Informationen von einer Anwendung zur anderen. In einem Fenster könnte der Nutzer zum Beispiel an einem Textdokument arbeiten, während im anderen ein Artikel angezeigt wird, den er als Referenz verwendet.

Und wie funktioniert das auf mobilen Geräten? Obwohl es in modernen mobilen Betriebssystemen möglich ist, mehrere Apps gleichzeitig laufen zu lassen, ermöglichen nur wenige dem Nutzer tatsächlich zwei (oder mehr) App-Fenster gleichzeitig anzuzeigen. Aufgrund dieser Beschränkung auf ein Fenster werden einfache Aufgaben, wie das Ansehen eines Kalenders und das Schreiben einer E-Mail, um den Termin zu vereinbaren, verkompliziert, da Nutzer zwischen den Apps hin und her wechseln müssen. Um Informationen von einer App zur anderen zu verschieben, müssen Nutzer sie entweder kopieren und einfügen oder sich die Informationen merken, was allerdings die kognitive Belastung (engl.) erhöht. (Das ist ein weiteres Beispiel für die Einschränkungen, die einem ein enger Mensch-Geräte Kommunikationskanal aufzwingt.)

Einige Mobile-Designer spielten bereits mit dem Gedanken eines geteilten Bildschirms. Viele Samsung Geräte verfügen über einen Multitasking-Modus, der es Nutzern ermöglicht, zwei Anwendungen gleichzeitig zu sehen. In Windows 8 für Tablets ist es möglich, Apps nebeneinander anzuzeigen. Mir sind im Rahmen unserer Nutzerforschungsaktivitäten allerdings noch nicht viele Samsung oder Windows 8 Tablet Nutzer begegnet, die diese Funktion auch nutzen - und das hat einen einfachen Grund: sie macht einen Bildschirm, der ohnehin klein ist, noch kleiner und zwingt Nutzer, in einem winzigen Fenster zu arbeiten.

Multitasking auf dem Samsung Galaxy Note

Das Samsung Galaxy Note verfügt über einen Multitasking-Modus, bei dem der Bildschirm in zwei Fenster aufgeteilt wird, in denen zwei verschiedenen Apps angezeigt werden (in diesem Fall CNN im oberen Fenster und Evernote im unteren Fenster).

Zwei Apps anzeigen bei Windows 8

Windows 8 ermöglicht es, zwei Apps nebeneinander anzuzeigen (in diesem Fall Internet Explorer links und Maps rechts).

Trotz des modernen Trends in Richtung Handys mit grösserem Bildschirm, ist es ihre geringe Grösse, die Handys so praktisch und gut transportierbar machen. Eine geringe Grösse bedeutet aber, dass weniger Platz bleibt, um Inhalte anzuzeigen. Auf dem Bildschirm eines mobilen Geräts müssen Nutzer stärker mit der Nutzeroberfläche interagieren (engl.) (zum Beispiel, indem häufiger gescrollt wird), um dieselben Inhalte wie auf einem grossen Bildschirm zu sehen. Ausserdem müssen sich Nutzer mehr Informationen merken, um sich dasselbe Wissen anzueignen, da sie nicht einfach zu einem Text zurückspringen können, den sie zuvor überflogen haben und jetzt noch einmal lesen möchten. Das Verständnis ist auf mobilen Geräten doppelt so schlecht wie am Desktop-Computer. Je kleiner der Bildschirm, desto schlechter ist das Nutzererlebnis.

Das Wechseln zwischen Aufgaben vereinfachen

Die Armeleuteversion des Multitaskings hat zum Ziel, den Wechsel zwischen Apps zu vereinfachen, da nicht mehrere Apps nebeneinander angezeigt werden können. In iOS müssen Nutzer beispielsweise zweimal auf den Home Button tippen, um ein Karussell der laufenden Apps zu sehen. Sofern nicht zu viele Apps gleichzeitig laufen, können Nutzer relativ einfach zur gesuchten Anwendung wechseln.

Karussell mit den geöffneten Apps auf den iPhone

iOS ermöglicht es Nutzern, ein Karussell der laufenden Apps zu sehen, indem sie zweimal den Home Button des Handys drücken.

Bis zu Lollipop, der aktuellsten Version von Android, verfügten Android-Geräte über einen Recent Apps Button, der eine Liste der laufenden Apps anzeigte. Das Android-Design was etwas effizienter als iOS, da es bis zu vier verschiedene Objekte gleichzeitig am Bildschirm präsentieren konnte - der erwartete Aufwand, um die gewünschte App zu finden, war daher geringer.

kürzlich verwendete Apps in alter Android-Version

Frühere Versionen von Android ermöglichten es Nutzern, auf eine Liste von "kürzlich verwendeten Apps" zuzugreifen, indem sie den Recent Apps Button drückten.

In Lollipop wurde die Liste durch einen Stapel von Karten ersetzt, die übereinander platziert wurden. Der Kartenstapel wird mit Hilfe einer Fisheye-Darstellungstechnik angezeigt: Objekte, die vor kurzem verwendet wurden, werden detaillierter angezeigt, als Apps, die vor langer Zeit benutzt wurden. (In unserem HCI-Kurs (engl.) erfahren Sie mehr über Fisheye-Darstellungen.) Dadurch kann der Bildschirm mehr Apps gleichzeitig darstellen.

Ausserdem gab Lollipop der Idee einer Aufgabenliste einen neuen Touch: Designer bemerkten, dass Nutzer auf mehrere Ansichten einer App zugreifen möchten - genau, wie sie mehrere Tabs in einem Browser öffnen. Sie schreiben zum Beispiel zwei verschiedenen Personen gleichzeitig eine Nachricht und möchten schnell auf die Seiten, die diesen Personen zugeordnet sind, zugreifen. Beide Ansichten derselben App verfügen in der Recent Apps Liste über separate Thumbnails.

kürzlich verwendete Apps in Android Lolipop-Design

Das neue Android Lollipop Design verwendet eine Fisheye-Darstellung, um mehr Apps in der Liste der Recent Apps anzeigen zu können, und ermöglicht es Nutzern ausserdem, mehrere Ansichten derselben App zu sehen.

Dieser Multitasking-Zugang löst zwar nicht das Problem der Kombination mehrerer Informationsquellen, er löst allerdings das Problem des Speicherns eines Status: falls Sie zwei verschiedene Dinge in Ihrer App erledigen möchten, müssen Sie sich nicht durch die Nutzeroberfläche kämpfen und Kontext herstellen, um von einer Aufgabe zur nächsten wechseln zu können. Stattdessen sehen Sie Standbilder jeder Aufgabe und können mit wenigen Tastendrücken auf die andere Ansicht zugreifen.

Dieses neue Design ist definitiv ein Vorteil, da es Schritte überspringt und einige Interaktionskosten signifikant verringert. Sie müssen allerdings dennoch die richtige Ansicht in einem potenziell grossen Stapel finden - ausserdem könnte sich die Anzahl der Karten im Stapel drastisch erhöhen, wenn jede App mehrere Ansichten speichern kann. (Der Kartenstapel ist im Prinzip ein Karussell und Karussells setzen einen sequentiellen Zugriff anstatt eines direkten Zugriffs voraus.) Denken Sie auch daran, dass die Kartenansicht dem Nutzer nicht dabei hilft, Informationen zu kombinieren, die über mehrere Quellen verteilt wurden. Die Person muss diese also weiterhin in ihrem Gedächtnis behalten.

Ist Multitasking am Handy überhaupt notwendig?

Fortgeschrittenes Multitasking am Handy ist ein Huhn-Ei-Problem: Menschen fragen nicht danach, da sie auf kleinen Bildschirmen keine komplexen Aufgaben erledigen, die mehrere Informationsquellen voraussetzen. Man könnte allerdings andererseits argumentieren, dass sie diese Aufgaben nicht erledigen, da aktuelle Handys das Multitasking nicht gut unterstützen.

Wir fordern Designer heraus, folgende Funktionen zu entwickeln:

  • Plattform-Designer (Apple, Google, Microsoft, Samsung etc.) sollten neue Möglichkeiten entwickeln, um schnell zwischen Aufgaben hin und her wechseln zu können - eventuell in Form eines besonders schnellen Wechsels zwischen zwei Apps, wofür Kalender und E-Mail klassische Beispiele sind.
  • App- und Website-Designer (die meisten) sollten bedenken, dass Menschen häufig an mehr als einer Aufgabe arbeiten müssen und dass das Vergleichen und Wählen zwischen Alternativen in den letzten 15 Jahren die häufigste Art der Nutzung des Internets war. Sie sollten es Nutzern daher ermöglichen, Dinge problemlos zu vergleichen und zwischen vor kurzem angesehenen Objekten hin und her zu wechseln.

Sobald wir diese Dinge besser erledigen können, werden sicherlich mehr Nutzer ihre mobilen Geräte für das Multitasking verwenden - genau wie sie es bereits auf ihren Desktop-Computern machen. Eines ist sicher: Multitasking ist für viele ausschlaggebende Aufgaben notwendig. Es zu unterstützen, ermöglicht dem Nutzer eine sinnvolle Nutzung Ihrer Produkte, Apps und Websites.

 

© Deutsche Version. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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