Paginierungspräferenzen der Nutzer und "Alles anzeigen"
Lange Listen erfordern unter Umständen eine voreingestellte Ansicht in mehreren nummerierten Seiten (Paginierung), aber respektieren Sie es, wenn die Nutzer ihre Einstellungen auf "Alles anzeigen" einrichten.
by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) - 28.04.2013
Die Aufteilung auf Seiten (Paginierung) ist ein notwendiges Übel, wenn Sie zu viele Listenpunkte haben, um sie alle bequem auf einem Bildschirm anzeigen zu können. Linear ablaufende Inhalte - wie zum Beispiel dieser Artikel - sollten so gut wie niemals auf mehrere Bildschirm-Anzeigen umbrochen werden. Es ist besser, den kompletten Artikel auf einer langen Bildschirmseite anzuzeigen als den Nutzern zusätzliche Bedienungsschritte aufzubürden, wenn sie doch einfach nur weiterlesen, also im vorigen Arbeitsschritt verweilen wollen.
Die Aufteilung auf Seiten kann jedoch praktisch sein bei Listen wie zum Beispiel Kategorieseiten von Online-Shops, Suchergebnisseiten, Artikelarchiven oder Fotogalerien. In solchen Fällen zielt der Nutzer nicht darauf ab, die ganze Liste zu lesen, sondern sucht dort nach einem speziellen Thema und will sich zu einer passenden Zielseite durchklicken.
Ausgehend davon, dass man die Listenpunkte nach Priorität ordnen (engl.) kann, finden die Nutzer das, was sie suchen, meist oben, nahe am Anfang. Um die Aufmerksamkeit der Nutzer zu fokussieren und die Antwortzeit zu verbessern, können Sie am Anfang eine recht kurze Liste und dann am Ende der Liste Optionen zur Anzeige weiterer Seiten anbieten.
Alles anzeigen
Viele Nutzer möchten lieber alle Optionen auf einer einzigen Seite sehen als von Seite zu Seite weiterzuklicken, wenn sie sich Produkte ansehen. Bei Nutzertests haben wir oft bemerkt, dass die Option Alles anzeigen für einige Nutzer hilfreich ist. Wichtiger noch: Die Option Alles anzeigen hat die Nutzer, die sie nicht genutzt haben, nicht gestört; fehlte sie jedoch, haben sich manche Nutzer beschwert.
Besonders wichtig ist die Option Alles anzeigen bei Listen, die man schlecht sortieren kann, oder bei Dingen, die mehr eine Frage des persönlichen Geschmacks sind als eine von spezifischen Attributen. In Bereichen wie Mode, Kunst, Blumen oder auch Schokolade kann es sein, dass die Nutzer sich lieber viele Dinge ansehen als nur eine beschränkte Auswahl von ein paar Dingen pro Seite.
Allerdings, so nützlich Alles anzeigen ist, es sollte eine Obergrenze für die Anzahl der angezeigten Artikel geben. Grosse Datenbanken können leicht Tausende - oder gar Millionen - von Treffern für bestimmte Suchanfragen generieren, aber es ist sinnlos, so lange Listen zu erzeugen.
Normalerweise sollte die Obergrenze bei etwa 100 Artikeln liegen, auch einmal mehr oder weniger, je nachdem, wie einfach es für die Nutzer ist, die Dinge zu überfliegen und wie lang die Antwortzeit der Seite wird.
N Artikel anzeigen
Viele Websites lassen die Nutzer auswählen, wie viele Artikel pro Seite sie sehen wollen. Das ist oft übertrieben, etwa wenn ein Pop-up-Menü mit den Optionen Zeige 10, 20, 30, 40 Artikel pro Seite erscheint.
Gewöhnlich ist es besser, eine bestimmte Anzahl voreinzustellen - etwa 10 oder 20 - und zusätzlich eine Option Alles anzeigen anzubieten, für Leute, die mehr auf einmal sehen wollen. Statt eines Pop-up-Menüs genügt dann ein einzelner Button, was viel schneller zu bedienen ist.
In dem Fall, dass Alles anzeigen eine unhandliche Seite erzeugen würde, können Sie den Nutzern die Wahl zwischen zwei Zahlen lassen, etwa 10 und 50, wobei die zweite Anzahl erheblich grösser sein sollte als die Voreinstellung.
Wenn die Auswahl zwei ähnlich grosse Zahlen (wie etwa 10 und 20) anbietet, werden die Nutzer lieber auf Nächste Seite klicken als sich den Kopf über ihre Anzeigepräferenz zu zerbrechen.
Die persönliche Einstellung
Wenn eine Auswahl von Anzeigeoptionen zur Verfügung steht, sollte der Computer so gut wie immer die vom Nutzer eingestellte Präferenz respektieren und sie beim nächsten Mal als Voreinstellung verwenden. Ich bin erstaunt, wie viele Websites und Anwendungen das nicht tun und stattdessen die Nutzer dazu zwingen, ihre Auswahl immer wieder einzugeben.
Die Usability-Forschung zu Einstellungsfunktionen hat zwei Dinge gezeigt:
- Die meisten Nutzer wollen keine persönlichen Einstellungen; sie bleiben lieber einfach bei den voreingestellten Werten. Es liegt also in der Verantwortung des Designers, die optimalen Voreinstellungen auszuwählen, bei denen die meisten Nutzer profitieren, denn die meisten werden mit genau diesen arbeiten.
- Persönliche Einstellungsfunktionen bilden eine eigene Nutzeroberfläche und haben ihre eigenen Usability-Probleme, besonders dann, wenn die Designer es übertreiben und zu viele Wahlmöglichkeiten anbieten.
Die Funktion Alles anzeigen hat diese Probleme nicht, und auch nicht die Alternative 20 anzeigen / 100 anzeigen. Beide Varianten haben viele Vorteile:
- Die persönliche Einstellung erscheint im Kontext der jeweiligen Aufgabe - genau in dem Moment, wo die Leute vielleicht ihre Anzeigenoptionen ändern wollen - und nicht in Form einer Exkursion zur Seite "Einstellungen".
- Die Optionen sind leicht verständlich und erfordern keine Anleitung.
- Das Aktivieren der Option ist einfach, vorausgesetzt Sie bieten nur eine Alternative zur Voreinstellung an (und nicht ein Pop-up-Fenster, auf dem sich der Nutzer überlegen muss: Will ich jetzt 10, 20, 30 oder 40 Punkte pro Seite?).
Also: Nichts spricht gegen Alles anzeigen - oder gegen N Artikel anzeigen, wenn Alles anzeigen nicht geht. Auf jeden Fall ist das eine schlaue Funktion, aber denken Sie daran, sich an die Einstellungen der Nutzer zu erinnern, wenn sie sich einmal die Mühe gemacht haben, sie einzugeben.
© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.
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