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12.08.2012

Suchmaschinenoptimierung und Usability

Was eine Website gut macht, verleiht ihr auch eine gute Platzierung bei den Suchmaschinen, aber ein Übermass an SEO-Tricks untergräbt das Nutzererlebnis.

 

by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) - 13.08.2012

 

Auf den ersten Blick scheinen die Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Usability zwei ziemlich unterschiedliche Themen zu sein:

  • Bei SEO geht es darum, Menschen überhaupt auf Ihre Website zu bringen, indem man sicherstellt, dass sie bei Suchen weit oben stehen.
  • Bei Usability geht es um das Verhalten der Menschen, nachdem sie auf die Website gekommen sind. Ihr Hauptziel liegt darin, mit einer guten Usability die Konversionsrate zu erhöhen.

Einfach gesagt, SEO passiert schon vor dem ersten Klick und ab dann übernimmt die Usability. Damit eine Website erfolgreich ist, müssen beide Konzepte gut funktionieren. Ist Ihre SEO hervorragend, Ihre Usability aber miserabel, erhalten Sie zwar viele Zugriffe auf Ihre Website, aber die Besucher werden nicht zu Kunden. Umgekehrt hat eine Website mit toller Usability nicht viele Besucher, so dass es ziemlich egal ist, wie gut sie ist.

Zwar zielen die Konzepte auf unterschiedliche Phasen bei der Generierung von Leads ab, aber SEO und Usability können einander auf vielfache Weise unterstützen, obwohl es zwischen den beiden Konfliktpotenzial gibt.

SEO ist wichtiger, als Sie denken

SEO ist deshalb so wichtig, weil die meisten Nutzer einen deutlichen Hang dazu haben, ihre Ziele im Internet per Suchmaschine zu finden. Ausserdem ist die Internetsuche die Hauptstrategie der Nutzer, Antworten auf ihre Fragen zu finden.

Natürlich erfüllen soziale Netzwerke diesen Zweck auch, aber bei diesen Diensten dominieren unterhaltsame Inhalte, daher sind sie für ernsthaftere Websites wie B-to-B, Finanzdienstleistungen, medizinische, pharmazeutische oder amtliche Websites nicht geeignet.

Natürlich sind die E-Mail-Newsletter noch immer das Mittel der Wahl, um Nutzer wieder auf Ihre Website zu bringen - aber nur durch die Suche sind sie überhaupt erst dort gelandet.

Die Internetsuche geht weit über "Top-Platzierungen bei Google" hinaus (oder was auch immer die Suchmaschine der Zukunft sein wird):

  • Intranets. Wenn die Mitarbeiter statt des Internets interne Firmeninformationen nutzen, bedeutet das nicht, dass sie ihr normales Recherche-Verhalten ändern. Tatsächlich zeigte unsere Studie mit Intranetnutzern die enorme Bedeutung der Intranetsuche. Leider zeigt die Studie auch, dass die Suche im Intranet deutlich schlechter abschneidet als die Internetsuche, obwohl es eigentlich leichter sein sollte, einen kleineren Informationsraum zu durchsuchen.
  • Produktsuche im Online-Handel. Das erste Gesetz im Online-Handel lautet: Wenn der Kunde das Produkt nicht finden kann, kann er es auch nicht kaufen. Es gibt viele spezielle Usability-Richtlinien zur Produktsuche, die viel weiter entwickelt sein müssten, als sie es momentan sind.
  • Die Suchfunktion auf einer gewöhnlichen Website. Sobald die Nutzer auf Ihrer Website ankommen, verwenden sie oft die website-interne Suchfunktion, um einfacher navigieren zu können. Leider ist auch diese Funktion oft erschreckend schlecht und wir hören oft, wie Nutzer mit düsterer Stimme die vernichtenden Worte aussprechen: "Ich gebe die Suche hier auf und nehme lieber Google."

In all diesen Fällen könnte die Usability deutlich verbessert werden, wenn das Intranet oder die Website grundlegende SEO-Strategien verwendet hätten, um sicherzustellen, dass die wichtigsten Seiten, die sich auf Suchanfragen der Nutzer beziehen, auch oben im Suchergebnis auftauchen.

Langzeit-SEO ist guter Service für die Nutzer

Das eigentliche Ziel einer Suchmaschine ist es, den Nutzern bei der Lösung ihrer Probleme zu helfen. Suchmaschinen sind eigentlich Antwortmaschinen - die Antwort ist das Ziel, und die Suchanfrage ist der Weg.

Dies wiederum bedeutet, dass eine hohe Platzierung unter den Suchergebnissen auch davon abhängt, wie gut eine Website die Nutzer bei ihrer Suche nach Antworten unterstützt. Im Moment sind die Suchmaschinen, was die Qualität einer Website angeht, eher auf Schätzungen angewiesen, indem sie indirekte Signale auswerten, zum Beispiel, wie viele andere Websites dorthin verlinken. Aber da die Suchmaschinenunternehmen immer mehr Nutzerverhalten herausschnüffeln, wird sich die Rangfolge der Suchergebnisse auch immer mehr an der Usability orientieren. Die Möglichkeit, immer mehr gültige Qualitätssignale zu sammeln, sollte ein Grund für die grossen Suchmaschinen sein, sich aus der Profitfixierung zu lösen und auch weniger einträgliche Dienstleistungen anzubieten.

In der heutigen Umgebung können Sie eine hohe Suchmaschinenplatzierung erreichen, indem Sie den Algorithmen der Suchmaschinen gerecht werden und versuchen, in ihrem Bewertungssystem zu punkten. Auf lange Sicht ist das aber vergebliche Liebesmüh, da sich die Algorithmen ständig ändern. Wenn Sie sich aber darauf konzentrieren, eine qualitativ hochwertige Dienstleistung anzubieten, macht das nachhaltig gute Platzierungen wahrscheinlicher.

Kurzfristige SEO bedingt meist gutes Design

Es ist zwar keine gute Idee, die Suchalgorithmen mit kurzfristigen Tricks zu manipulieren, aber natürlich ist es sinnvoll, Websites (und Intranets etc.) so zu gestalten, dass sie gut zu den aktuellen Suchmaschinen passen. Die Richtlinien, mit denen Sie das erreichen, enthalten viele Punkte, die Sie ohnehin beachten sollten:

  • Sorgen Sie für stabile URLs, damit andere Websites alle wichtigen Inhalte verlinken können. (Seit 14 Jahren warne ich immer wieder vor toten Links (engl.), aber noch immer sind sie weit verbreitet und ruinieren damit jede Chance, im Suchergebniswettbewerb gut abzuschneiden.)
  • Sprechen Sie die Sprache der Nutzer, wenn Sie Seitentitel, Überschriften und Texte formulieren. Solange die Suche auf Stichwörtern basiert, ist es wichtig, dass Sie den gleichen Wortschatz verwenden wie die Nutzer in ihren Suchanfragen. Das ist nun wirklich nichts Neues: Klartext, keine "aufgehübschten" Überschriften, keine neu ausgedachten Wörter - das gehört schon lange zu den wichtigsten Richtlinien für das Schreiben im Internet.
  • Zugänglichkeit. Ich habe den Googlebot immer den "reichsten blinden Nutzer der Welt" genannt, weil er nur Text lesen und keine Bilder sehen konnte. Die Suchmaschinen verwenden zwar immer mehr KI-Techniken wie Mustererkennung, wodurch sie ein grundlegendes Verständnis von Bildinformationen gewinnen, aber einfacher Text ist immer noch die sicherste Strategie, um in Suchergebnissen aufzutauchen.
  • Bieten Sie eine klar strukturierte Informationsarchitektur (IA) an. Die IA sollte über eine eigene Hauptseite für jeden Punkt verfügen, der von Interesse sein könnte und eine klare Navigation, die auf diese Seiten verweist, damit die Suchmaschinen ihren zentralen Status erkennen können.
  • Seien Sie attraktiv für externe Links und soziales Geplauder, indem Sie überzeugende Inhalte präsentieren und häufig aktualisieren.

Wenn Sie diesen Usability/SEO-Richtlinien folgen, werden Sie bei den Suchergebnissen höher platziert werden. Aber noch wichtiger ist, dass sich auch Ihre Klickrate (und somit Ihr Absatz) erhöhen wird. Die Nutzer neigen zwar dazu, das erstplatzierte Suchergebnis anzuklicken, machen das aber nicht immer. Warum nicht? Weil manchmal der Titel der Website oder ihre Beschreibung nicht den Usability-Richtlinien entspricht und stattdessen aufgehübscht, zu allgemein oder irreführend ist. Die Menschen klicken nicht auf Links, deren Informationsfährte zu schwach ist.

Konflikte zwischen SEO und Usability

Meistens stärken sich die SEO und die Usability gegenseitig. Aber manchmal entstehen zwischen den beiden auch Konflikte. Webseiten mit Schlüsselwörtern voll zu stopfen, untergräbt in jedem Fall das Nutzererlebnis und führt dazu, dass die Seiten schlechter zu lesen sind.

Die Wortwahl kann auch zu Konflikten führen: Schlüsselwörter, die am meisten in Suchanfragen vorkommen, sind manchmal schwerer zu verstehen als einfachere Ausdrücke - vor allem für Nutzer mit geringerem Lesevermögen.

Geräumige Fusszeilen können die Usability für Menschen entscheidend verbessern, die am Ende der Seite angekommen sind, ohne dass sie gefunden haben, was sie suchten. Diese Fusszeilen stärken auch die strukturelle SEO, in dem sie die Seiten verlinken, die die wichtigsten Inhalte enthalten. Das ist alles gut so; tatsächlich sind diese Fusszeilen so verbreitet, dass wir sie nicht mehr in unserem Kurs Neue Trends im Webdesign besprechen, sondern sie in das Seminar Beste Strategien im Webdesign verlegt haben.

Leider lassen die Menschen gute Dinge nicht einfach wirken und deshalb sehen wir nun immer häufiger überladene Fusszeilen, die zu allem verlinken, was man sich nur denken kann. Aus welchem Grund? Es dient der SEO, wenn man die Suchmaschinen mit einer Vielzahl von Links mit Schlüsselwörtern füttert. Doch in der Praxis ist es schlecht für die Nutzer, wenn man ihnen eine Linksammlung anbietet, die so umfassend ist, dass man sie nicht auf einen Blick erfassen kann.

Es gibt zwei grundlegende Ansätze, um mit Konflikten zwischen Usability und SEO umzugehen:

  • Kurzfristig: Finden Sie einen Kompromiss zwischen mehr Zugriffen (durch bessere SEO) und einen höheren Konversionsrate (durch bessere Usability). Das gilt vor allem dort, wo es am meisten weh tut und Sie daher die meisten Verbesserungen brauchen.
  • Langfristig: Wie oben gesagt werden Sie am Ende mehr Zugriffe durch Suchen bekommen, wenn die Usability gut ist, selbst wenn Sie die SEO-Zitrone nicht bis zum letzten Tropfen ausgequetscht haben.

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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