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15.11.2014

Video-Usability

Videoinhalte sind nur dann hilfreich, wenn der Nutzer sie kontrollieren kann, er versteht, was sie enthalten, und sie auf verschiedene Weisen erreicht werden können.

© Thomas Pajot - Fotolia.com

 

by Amy Schade (deutsche Übersetzung) - 16.11.2014

 

Videos sind überall. Wir sehen sie uns auf unseren Laptops, Desktops, Tablets und Smartphones an. Videos können unterhalten und informieren, zeigen uns, wie ein Stoff fällt, wie ein Produkt funktioniert, wie man einen Knoten macht, wo die nächste Urlaubsreise hingehen kann oder sogar, wie man während einer Usability-Studie laut denkt. Das Format funktioniert allerdings nur, wenn Nutzer wissen, dass es ein Video gibt, sie motiviert werden, es sich anzusehen, sie es erfolgreich öffnen und ansehen können und sie die Kontrolle über das Video behalten.

Es gibt zwei Arten von Online-Video:

  • Unterhaltung: Diese Art von Video nutzt das Internet als Fernsehsender mit On-demand-Funktion. Das einzige interaktive Element ist die Entscheidung, wann das Video angesehen wird. Sobald der Nutzer auf Play klickt, entspricht das verbleibende Nutzererlebnis jenem des traditionellen Fernsehens: zurücklehnen und geniessen. Der Hauptunterschied ist, dass Online-Videos häufig (aber nicht immer) kürzer sind als die meisten TV-Sendungen, die meist zwischen 30 und 120 Minuten lang dauern. Ausserdem kann ihr Inhalt extrem spezialisiert sein, da es sich um einen so genannten Narrowcast und keinen Rundfunk handelt.
  • Information: Diese Art von Video ist ein Webinhalt, der gemeinsam mit anderen Inhalten - wie Texten und Bildern - verwendet wird, um durch eine Webseite (oder Anwendung) zu navigieren und mit ihr zu interagieren. Das ist echte Multimediatechnik, bei der sich verschiedene Medienformate ergänzen - und hoffentlich unterstützen.

In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf die zweite, interaktive Form des online Videos, da es sich dabei um jene Form handelt, die mehr Probleme mit dem Interaktionsdesign zur Folge hat.

Verlassen Sie sich nicht ausschliesslich auf Videos

Es gibt kein "Standard"-Verhalten von Nutzern, wenn sie auf einer Webseite mit einem Video konfrontiert werden. Einige sehen sich das Video sofort an, einige lesen zuerst den Text und sehen sich danach das Video an und einige interessieren sich überhaupt nicht für das Video. Auch das Verhalten derselben Person kann sich auf verschiedenen Webseiten und je nach Aufgabe unterscheiden. Daher gibt es keine Garantie, dass sich jemand das zur Verfügung gestellte Video ansehen wird.

Videos sind eine tolle Möglichkeit, um Informationen zu übermitteln - vorausgesetzt, dass der Nutzer den Inhalt sehen und hören kann (und das auch möchte). Der grösste Nachteil von Videos ist, dass sie Nutzer zwingen, sich Inhalte sequentiell anzusehen: das Nutzer muss den Inhalt geduldig in jener Reihenfolge aufnehmen, in der er präsentiert wird - ohne zu wissen, ob die kommenden Informationen relevant für seine Bedürfnisse sind. Videos beanspruchen mehr Zeit des Nutzers als äquivalente Texte, da sie es nicht ermöglichen, Informationen schnell zu scannen, was die meisten Nutzer tun, wenn sie mit informativen Webinhalten konfrontiert werden.

Was die Barrierefreiheit betrifft, bleiben die in Videos enthaltenen Informationen jenen Menschen vorbehalten, die sie sehen oder hören können. Ausserdem können Videos Fehlfunktionen aufweisen. Im Laufe unserer Tests beobachteten wir viele Nutzer, die auf Videos stiessen, die sich nicht laden liessen, nicht angezeigt wurden, nicht abgespielt werden konnten oder einfroren.

Das bedeutet, dass Sie sich nicht zu stark auf Videos verlassen sollten, um Informationen weiterzugeben. Falls Nutzer nicht auf die Videoinhalte zugreifen können oder das nicht tun möchten, sollten sie die Möglichkeit haben, auf anderem Wege an die Informationen zu gelangen. Um Videos barrierefrei zu gestalten, sollten Untertitel und ein komplettes Transkript des Videos inkludiert werden. Das ermöglicht es Nutzern, zu wählen, welche Inhalte relevant sind, ohne sich das gesamte Video ansehen zu müssen. Stellen Sie zumindest sicher, dass ausschlaggebende Informationen, die im Video enthalten sind, auch in Textform auf der Webseite zu finden sind.

Video mit Untertitel

Dieses Video auf der Webseite der Penn State Universität enthält Untertitel, welche dabei helfen, das Video barrierefreier zu machen.

Geben Sie den Nutzern die Kontrolle

Wenn Nutzer eine Webseite öffnen, werden sie nicht gerne von Video- oder Audioinhalten überrascht, die ohne ihre Zustimmung abgespielt werden. Videos - und das zugehörige Audio - können Nutzer verwirren und ablenken oder sie beim Konsum der Inhalte der Webseite stören.

Nutzer, die sich das Video nicht ansehen möchten, müssen in diesem Fall kognitive Ressourcen (engl.) und zusätzliche Anstrengungen aufwenden, um den Ton auszuschalten oder das Video zu pausieren, anstatt sich auf ihre Ziele und ihren Informationsbedarf konzentrieren zu können. Jede Bewegung auf der Webseite kann eine Ablenkung sein.

Automatisch abspeilendes Video

Der "Spotlight on Style"- Bereich dieser E-Mail Nachricht von Boden enthält ein Video, das automatisch abgespielt wird, sobald die Nachricht geöffnet wird. Videos, die automatisch starten, können Nutzer überraschen oder sogar stören.

Nutzer werden nicht gerne von Video-Inhalten überrascht, die sie sich nicht erwarten. Links, die zu Videoinhalten führen, sollten eindeutig gekennzeichnet sein und die Art des Inhaltes, auf den sie führen, kommunizieren. Nutzer nehmen an, dass Links auf Webseiten mit Texten und Bildern, nicht auf Videos, führen. Das gilt vor allem für Videos, die automatisch abgespielt werden.

Nutzer sollten die Kontrolle darüber haben, welche Inhalte sie sich anhören oder ansehen möchten. Wenn Videos automatisch abgespielt werden, ist es der erste Instinkt vieler Nutzer, das Video entweder stummzuschalten oder zu pausieren. Nutzer sollten das Video auf einfache Weise starten, stoppen oder fortsetzen können, ausserdem sollte es bei allen Video- oder Audioinhalten der Webseite möglich sein, den Ton auszuschalten und die Lautstärke zu regeln.

Denken Sie auch darüber nach, was der Nutzer am Ende eines Videos tun sollte. Inkludieren Sie eine angemessene Handlungsaufforderung oder ergänzen Sie die Geschichte durch weitere Informationen auf der Webseite, wie weiterführende Links oder zugehörige Videoinhalte. Viele Videos sind Sackgassen, die dem Kunden keinen klaren Weg zu weiteren Informationen präsentieren.

Weiterführende Links und Videos

Auf der rechten Seite der Webseite listet Cancer Treatment Centers of America verwandte Links auf, welche weiterführende Videos und andere passende Webseiten enthalten.

Wenn Sie Inhalte einbetten, die auf einer anderen Webseite oder einem anderen Service gehostet werden, sollten Sie kontrollieren, welche Dinge die Webseite den Nutzern am Ende Ihrer Videoinhalte präsentiert. Stellen Sie sicher, dass Nutzern keine unangemessenen Videos gezeigt werden und dass am Ende Ihres Videos keine Liste der Videos Ihrer Konkurrenz angeführt wird. Einige Webseiten und Services, über die Videos eingebettet werden können, bieten die Möglichkeit, derartige Vorschläge zu deaktivieren. Falls das nicht der Fall ist, können Sie Ihr "echtes" Video um 20 Sekunden verlängern und einfach ein Standbild mit Links zu empfohlenen weiterführenden Inhalten anzeigen.

Verwandte Videos

Am Ende dieses Videos auf der Webseite des Lurie Children's Hospital werden verwandte Videos auf YouTube angezeigt. Einige stehen mit dem Krankenhaus in Verbindung, andere haben aber nichts damit zu tun und werden basierend auf dem Thema des Videos angezeigt.

Sagen Sie Nutzern, was kommen wird

Nutzer sollten wissen, wovon das Video handelt, bevor sie es öffnen. Der Name oder Titel des Videos sollten selbsterklärend und korrekt sein, ausserdem sollten das Thema, relevante Informationen über den Präsentator oder Personen, die im Video zu sehen sind, und die Länge des Videos angegeben werden. Das Thumbnail, ein statisches Bild, das verwendet wird, um das Video zu präsentieren, sollte ebenfalls repräsentativ sein, was bedeutet, dass sich ein Standbild aus der Mitte oder dem Ende des präsentierten Videos besser eignet, als die Anfangsszene. Es sollte sich um ein Bild handeln, das gut verkleinert werden kann und daher immer gut aussieht - egal ob es in Ihrem Seitenlayout gross oder klein dargestellt wird.

Detailangaben neben Play-Button

Der Inhalt des Videos wird auf der Webseite der New York Times klar beschrieben, wobei Titel und Dauer neben dem Play-Button angeführt werden. Ausserdem bietet eine Beschreibung des Standbilds weitere Informationen. Das Video erscheint in einem Artikel über die Show, um die es im Video geht, was für den richtigen Kontext sorgt.

Details über den Inhalt des Videos können die Entscheidung, ob das Video angesehen wird, vereinfachen. Ein grosser Nachteil von Videoinhalten ist, dass Nutzer den Inhalt nicht überfliegen können. Manche Nutzer möchten sich nicht das gesamte Video ansehen, daher kann eine Liste der Inhalte oder Themen (bzw. ein Transkript) dabei helfen, zu den jeweiligen Stellen des Videos zu navigieren.

Nutzer teilen sich ihre Zeit genau ein und möchten wissen, wie viel Zeit sie aufwenden müssen, um sich Inhalte anzusehen. Im Falle von mobilen Geräten mit variablen Netzwerkverbindungen gibt die Länge des Videos auch Hinweise auf die Dauer des Downloads. Wir konnten häufig beobachten, dass Nutzer in verschiedenen Tests unterschiedlicher Webseiten ein Video starteten, nur um sofort zu kontrollieren, wie lang es ist. Nutzer wiegen den potenziellen Wert des Videos gegen den potenziellen Zeitaufwand auf.

Nutzen Sie jede Sekunde bestmöglich

Da Nutzer den Wert des Videos sofort erkennen müssen, ist es ausschlaggebend, stark zu beginnen.

Videos, die sich auf Ihrer eigenen Webseite befinden, benötigen keine lange Einleitung, in der Ihr Unternehmen beschrieben wird. Was Videoinhalte betrifft, können sich bereits wenige Sekunden "lang" anfühlen. Falls eine Einleitung notwendig ist, halten Sie sie kurz und prägnant. Das Ziel einer solchen Einleitung ist es, die Informationsquelle und die Inhalte zu präsentieren, was in maximal 5 Sekunden erreicht werden kann. Lange Einleitungen zwingen Nutzer, auf Inhalte zu warten, und können zur Folge haben, dass diese aussteigen, bevor der tatsächliche Inhalt beginnt.

Was Einleitungen für Videos betrifft, sollten Sie die normale Nutzung von Video-Inhalten auf Ihrer Webseite und die kumulativen Effekte solcher Einleitungen berücksichtigen. Falls sich Ihre Nutzer normalerweise ein Video pro Sitzung ansehen, hat eine normale Einleitung weniger negative Auswirkungen, als auf Webseiten, auf denen sich Nutzer meist mehrere Videos hintereinander ansehen. Jede identische, 10 Sekunden lange Einleitung wird dann zur Barriere, um Inhalte zu erreichen.

Der erste Eindruck ist ausschlaggebend. Egal ob mit oder ohne Einleitung, der Anfang des Videos ist der wichtigste Teil. Nutzer müssen schnell verstehen, was sie sich ansehen, und dessen Wert erkennen - ansonsten werden sie das Video beenden.

Auch die Bearbeitung ist extrem wichtig. Videos müssen nicht nur so kurz wie möglich, sondern auch sehr prägnant sein. Das Schneiden von Inhalten, kürzere Drehbücher oder starkes Editieren können Lösungen dafür sein.

Das Maximum aus Videos herausholen

Achten Sie darauf, dass Videoinhalte beschrieben werden, und geben Sie dem Nutzer die Kontrolle darüber, das Video abzuspielen. Nutzer sollten selbst entscheiden können, was sie sich wann ansehen. Sobald ein Nutzer auf Play klickt, sollte das Video bestmöglich präsentiert werden, indem unnötige Einleitungen entfernt und Inhalte stark editiert werden - so bleiben Zuseher engagiert und informiert.

 

© Deutsche Version. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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