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04.05.2003

Werbeanzeigen im Web funktionsfähig machen

Webanwender sind im höchsten Masse zielorientiert und Werbeanzeigen, welche die Ziele der Anwender beeinträchtigen werden ignoriert. Um Erfolg zu haben, müssen Werbeanzeigen sowohl mit dem Medium als auch mit den Zielen und der Denkweise des Nutzers zusammenspielen.

 

by Jakob Nielsen und Don Norman (deutsche Übersetzung) - 05.05.2003

 

Es gibt viele Gründe, warum Werbeanzeigen im Web nicht gut laufen, aber es ist sehr verwirrend, wenn eine Werbeanzeige wirklich etwas für den Anwender Relevantes darstellt und dennoch das Ziel verfehlt. Warum sollte dies passieren? Um das genauer zu betrachten, müssen wir uns erst einmal anschauen, warum textbasierte Werbeanzeigen auf den Seiten von Suchmaschinen so gut funktionieren.

Jeder Anwender hat ein Ziel - vielleicht ist es jenes, mehr über Digitalkameras zu lernen, vielleicht jenes, ein Buch zu kaufen. In beiden Fällen ist die Aufmerksamkeit der Anwender auf das gerichtet, was sie zum Ziel führt; alles andere wird von Ihnen ignoriert. Wenn Anwender eine Suche starten, beziehen sich die gezielten Werbeanzeigen, welche die Suchmaschinen zurückgeben, auf genau das, was die Anwender gesucht haben. Folglich schauen sie sich die Werbeanzeigen an und folgen ihnen. In der Tat haben solche Werbeanzeigen wahrscheinlich sogar einen Vorteil gegenüber einfachen Suchresultaten, weil sie einerseits zeigen, dass der Werber kompetent ist und andererseits, dass er ein direktes Interesse daran hat, seine Konsumenten zu bedienen.

Anwenderziele ins Visier nehmen

Der Schlüssel zum Erfolg ist also, die Werbeanzeige so zu machen, dass sie mit den Zielen des Anwenders übereinstimmt. Aus diesem Grund sind rein textbasierte Werbeanzeigen überlegen, weil sie sofort zum Punkt kommen. Tolle Grafiken sind dazu da, die Anwender anzuziehen, aber mit zielgerichteten Werbeanzeigen ist die Aufmerksamkeit des Betrachters garantiert. Sie sollten deshalb auf zusätzliche Schnörkel verzichten und schlicht und einfach das Verkaufsangebot liefern - zusammen mit einem Link zu einer speziellen Site mit detaillierten Informationen. Diese neue Seite (mit Produkt- und Preisinformationen) sollte dazu dienen, den Verkauf oder das Geschäft abzuschliessen; zu erwarten, dass die Werbeanzeige selbst dazu genügend Informationen bietet, ist unpraktisch. Solche Formen von Designs, welche versuchen, ein gesamtes User-Interface in eine kleine Werbeanzeige hineinzupressen, verfehlen den gesamten Punkt des Hypertextes.

Jetzt könnte es natürlich reizvoll sein, Ihre erfolgreiche Werbeanzeige als Pop-up Fenster, oder auf einer News-Site oder sonst irgendwo darzustellen. Aber wenn Sie das tun, wird die Anzeige einfach nur ignoriert, weil das nicht Teil des Ziels ist: Die Anwender möchten auf der News-Site die News lesen, oder was es auch immer ist, das sie auf die Site geführt hat, und Werbeanzeigen - egal wie verlockend oder relevant sie bezogen auf die anderen Interessen des Anwenders sind - werden ignoriert. Wenn Anwender jedoch ihre Hauptaufgabe erledigt haben und sie anschliessend bereit für die Werbeanzeigen sind, raten Sie mal, was dann passiert ist? Die Werbeanzeigen sind nicht mehr da.

Ein Lob auf die Beharrlichkeit

Schon des Öfteren haben wir an einer Website gearbeitet und eine interessante und relevante Werbeanzeige bemerkt. Dies geschieht typischerweise in der "toten Zeit", in der wir auf den Aufbau einer Seite warten, nachdem wir auf einen Link geklickt haben, um einem Punkt vertieft zu folgen. Wir machen uns also eine gedankliche Notiz, um zu dieser Werbeanzeige zurückzukehren. Oops, das geht nicht. Wenn wir zurück gehen, wird eine andere Werbeanzeige angezeigt. Dadurch wird eine der ältesten Grundregeln des Interaktionsdesigns gebrochen: Stabilität.

Schon im Jahre 1984 haben die Macintosh Guidelines der Mensch-Maschine Interaktion festgehalten, dass Designer vermeiden sollten, dass der Computer dem Anwender Dinge ruckartig wegzieht (Das ist der Grund, warum es so störend ist, wenn man zu einem Ordner geht und Windows die Ansicht, die man beim letzten Besuch eingestellt hat, wieder geändert hat).

Beachten Sie was passiert, wenn Sie eine Zeitung lesen. Sie schlagen - einer Geschichte folgend - die Seite um, und Ihr Auge fällt auf eine Werbeanzeige, die Sie interessiert. Am wahrscheinlichsten ist es, dass Sie die Geschichte zu Ende lesen, sich aber eine gedankliche Notiz von der Anzeige machen, um später zu ihr zurückzukehren. Wenn Sie das machen, raten Sie mal, was passiert? Die Anzeige ist immer noch da.

Websites sollten einen ähnlichen Prozess ermöglichen. Versuchen Sie nicht, die Anwender inmitten ihrer Aufgabe zu stören - es funktioniert nicht. Aber wenn sie einmal mit ihrer Aufgabe fertig sind, lassen Sie sie den Werbeanzeigen folgen oder zu ihnen zurück kehren.

Warum ermöglicht man den Anwendern nicht, sich die Anzeigen nochmals anzuschauen, nachdem sie sich von der aktuellen Bildschirmanzeige entfernt haben? Wir sagen voraus, dass wenn jede Site, die dynamisch generierte Werbeanzeigen anbietet, in einem speziellen Werbebereich eine Schaltfläche offerieren würde (zum Beispiel: "View the last 10 ads here"), dass die Erfolgsraten der Werbung steigen würden. (Das ist eine ähnliche Grundregel wie die, von der wir bereits wissen, dass sie für Homepages gut funktioniert: zu einem Archiv von kürzlich angezeigten Features und Promotionen zu verlinken.

Auf den Erfolg von Werbeanzeigen abzielen

Erreichen Sie die Anwender, wenn diese interessiert sind und Zeit haben - belästigen Sie sie nicht, wenn sie nicht gestört werden möchten. Leider zielen zurzeit die meisten Werbeanzeigen im Web auf das ab, was nicht funktioniert und machen es sogar noch schlimmer und nerviger, wenn sie weiter gegen das Anwenderverhalten ankämpfen. Noch schneller in die falsche Richtung zu gehen ist keine sehr aussichtsreiche Strategie.

Sie möchten, dass Werbeanzeigen funktionieren? Akzeptieren Sie, dass Webdesign ein Interaktionsdesign ist. Verstehen Sie Hypertext. Und, was das Wichtigste ist, verstehen sie die Psychologie der Betrachter.

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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