Usability-Berichte richtig ablegen

In der Praxis wird oft zu wenig Nutzen aus Nutzertest gezogen, weil Ergebnisberichte und Reports nicht systematisch abgelegt sind. Ein Intranet-basiertes Archiv bietet dagegen vier wesentliche Vorteile.

by Jakob Nielsen (deutsche Übersetzung) – 13.06.2005

Kürzlich fragte ich 245 Praktiker aus dem Bereich Usability, was sie mit ihren Berichten aus früheren Nutzertests anfangen. Ihre Antworten:

Das heisst also letztlich, dass die meisten Organisationen kein systematisches Archivierungsverfahren anwenden. Das ist wirklich bedauernswert, denn ein einfacher Zugriff auf die Resultate der Nutzerforschung bietet zahlreiche Vorteile.

Archivierungsstrategien

Ich rate davon ab, extra eine formale Informationsdatenbank (Knowledge Base) für Usability-Berichte aufzubauen. Das Wissensmanagement befindet sich derzeit immer noch auf einem primitiven Stand, und dessen Nutzen rechtfertigt den ganzen Aufwand und die Kosten kaum. Aber wenn Ihre Firma natürlich schon ein Wissensmanagement für andere Dokumente aufgebaut hat, können Sie auf den Zug aufspringen.

Zumindest aber sollten Sie einen Usability-Bereich auf dem Intranet einrichten, der dann als fester zentraler Speicherort für alle Usability-Berichte dient. Müssen die Leute das Intranet innerhalb einzelner Projekte nach Usability-Berichten absuchen, werden sie nämlich meist scheitern; oder aber, sie wissen gar nicht erst, wonach sie suchen müssen, denn es gibt ja keinen speziellen Ort, wo alle Berichte aufgelistet sind. Noch schlimmer aber ist es, wenn ehemalige Projektbeteiligte oder -leiter die Resultate von Usability-Aktivitäten bei sich lagern: dann besteht innerhalb der Organisation das Risiko, dass wertvolles institutionelles Wissen verloren geht, sobald diese Personen die Firma verlassen oder versetzt werden.

Immer wenn Sie die Mühe auf sich nehmen und einen gründlichen formellen Bericht samt detaillierter Analyse erstellen, sollten Sie den Nutzen für diese Investition maximieren, indem Sie Ihre aktuellen Erkenntnisse so ablegen, dass Sie auch in Zukunft noch schnell und leicht Zugriff darauf haben. Sie sollten selbst informelle Usability-Berichte archivieren. «Ergebnisprotokolle auf die Schnelle» und Zusammenfassungen von Erkenntnissen in Form von E-Mails sind wichtig innerhalb eines Projekts und haben auch noch später einen gewissen Wert – wenn auch nicht so viel wie detaillierte Berichte.

Vorteile eines Archivs

Ein gutes Archiv für Erkenntnisse aus vergangenen Usability-Aktivitäten bietet vier Hauptvorteile, die sowohl taktischer als auch strategischer Natur sind:

Auf individueller Ebene stellen archivierte Usability-Berichte eine ausgezeichnete Möglichkeit dar, um seine Fähigkeiten im Bereich Usability zu steigern. Obwohl der beste Weg zum Usability-Profi in der Durchführung unzähliger Nutzertests liegt, kommt man schon sehr weit, indem man die Resultaten aus fremden Studien liest. Somit schädigen Sie also letztlich Ihre Kollegen und Ihre Organisation als Ganzes, wenn Sie Ihre Berichte für sich behalten oder sie sonst irgendwie schwer zugänglich ablegen.

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