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10.04.2016

Generation Y als Web User (Alter 18-25)

Nutzerforschung in 7 verschiedenen Ländern hat aufgezeigt, dass Angehörige der oft missverstandenen Generation Y ein einzigartiges Verhalten und eine einzigartige Herangehensweisen an digitale Schnittstellen aufweisen. Sie sind selbstbewusst, fehleranfällig und haben hohe Ansprüche an Websites.

Copyright: gpointstudio

 

by Kate Meyer (deutsche Übersetzung) - 10. April 2016


Die heutige Generation junger Erwachsener (18 bis 25 Jahren) ist eine Untergruppe der Generation Y (die Menschen umfasst, die zwischen 1980 und 2000 geboren wurden). Die meisten von ihnen sind Digital Natives, was bedeutet, dass sie mit dem Zugang zu digitaler Kommunikationstechnik aufgewachsen sind. 

Sie sind eine entscheidend wichtige Nutzergruppe: viele von ihnen studieren an der Uni oder starten ihre Karriere. Einige von ihnen gründen Familien oder kaufen Häuser. Sie beginnen, mehr Geld zu verdienen und haben keine Probleme damit, es online auszugeben.

Online Design- und Marketing-Blogs sind voll mit Spekulationen und Stereotypen über diese Nutzergruppe, aber nur wenige dieser Inhalte basieren auf Fakten. 

Im Bemühen, eine auf Forschung basierende Alternative zu den Spekulationen bereitzustellen, haben wir anhand 4 verschiedener Nutzerforschungsmethoden eine Studie mit 91 Teilnehmern in 7 Ländern durchgeführt. Diese Studie baute auf unsere frühere Untersuchung mit Hochschulstudenten auf und erweitert diese.

Unsere Ergebnisse geben Aufschluss über:

  • Die einzigartige Weise, wie junge Erwachsende Browser-Tabs nutzen
  • Wie junge Erwachsene online mehrere Tätigkeiten zur gleichen Zeit ausführen
  • Die Unterschiede zwischen jungen Erwachsenen und Teenagern
  • Die Unterschiede zwischen jungen Erwachsenen und älteren Erwachsenen (und warum beliebte Mythen über die Generation Y falsch sind)
  • Wie junge Erwachsenen soziale Medien nutzen
  • Das Fehlen internationaler Unterschiede bei jungen Erwachsenen
  • Die Erwartungen junger Erwachsenen an alle Aspekte der Websites, inkl. Content, Interaktions- und visueller Gestaltung

Die Forschung

Alle Teilnehmer unserer Studie waren zwischen 18-25 Jahren alt. Wir rekrutierten absichtlich Personen mit unterschiedlichen Bildungs- und Berufshintergründen. Jeder der Teilnehmer fiel in eine der 4 Kategorien:

  • Junge Fachkraft (z.B. Vertriebskoordinator oder Businessberater)
  • Master-Student (z.B. Master in Sportphysiologie oder Doktor der Medizin)
  • Bachelor-Student (z.B. Bachelor in Psychologie)
  • Junger Erwachsenen ohne Hochschulabschluss (z.B. jemand, der das Studium angebrochen hat oder jemand, der nie ein Studium aufgenommen hat)

Frühere Versionen unseres Berichts umfasste aktuelle Master- und Bachelor-Studenten. Die Erweiterung auf Absolventen und jene jungen Erwachsenen ohne Hochschulabschluss erlaubte uns die Betrachtung eines reichhaltigeren Teilnehmerfeldes mit einem breitgefächerten Interessenfeld und Hintergrund. Wir haben keine substantiellen Unterschiede zwischen den Bildungs-/Arbeitskategorien gefunden.

Wir haben mehrere Usability Tests  mit 91 Teilnehmern durchgeführt. Davon wurden 79 Tests vor Ort durchgeführt und 12 remote. Die Tests umfassten eine Kombination von offenen und Site-spezifischen Aufgaben auf 372 verschiedenen Websites. Die Usability Tests wurden in 7 verschiedenen Ländern durchgeführt:

  • Australien
  • Kanada
  • Deutschland
  • Niederlande
  • Singapur
  • Großbritannien
  • USA

Wir haben unsere Usability Tests folgendermassen ergänzt:

  • Naturalistische Aufzeichnungen: Die Teilnehmer zeichneten ihre Online Aktivitäten zwei Tage lang auf ihrem eigenen Laptop zu Hause auf und schickten uns die Dateien zur Auswertung zu.
  • Eine Tagebuch-Studie: Die Teilnehmer dokumentierten 4 Tage lang 4 Online Aktivitäten pro Tag mit einer mobilen App für Tagebuch-Studien. Die Aktivitäten unterschieden sich in der Detailgenauigkeit - vom schnellen Nachgucken einer Frage auf Google bis zum stundenlangen Video Streaming.
  • Eine Umfrage: Wir haben 229 junge Erwachsene und 228 ältere Erwachsene (35 Jahre oder älter) befragt, um ihre Meinungen über die Attraktivität des Flat Designs zu erfahren.

Multitasking und Browser Tabs

Junge Erwachsene werden oft als aussergewöhnliche Multitasker angesehen. Unsere Erkenntnisse zeigen, dass sie häufig mehrere Aktivitäten parallel betreiben, diese aber eher nacheinander statt simultan ausführen. Sie mögen schnell wechseln und den Kontext verlieren, aber sie nehmen nicht alle Aktivitäten auf einmal in Angriff. Wie andere Nutzergruppen leiden sie an reduzierter Effizienz, sobald sie sich auf das Taskswitching einlassen.

Junge Erwachsene sind dem Durchblättern von Browser Tabs sehr angetan. Manchmal nutzen sie Browser Tabs, um mehrere, nicht verknüpfte Aufgaben zu erledigen (ein Verhalten, dass als Parallel-Browsing bezeichnet wird).

Wir haben herausgefunden, dass sie auch Page Parking nutzen - eine Informationssuchstrategie, welche mehrere Browser Tabs für eine einzige Aufgabe nutzt. Junge Erwachsene nutzen Browser Tabs auf diese Art wesentlich intensiver und häufiger als ältere Erwachsene, aber einige Einzelpersonen sind eher geneigt, die Taktik zu nutzen als andere.

Wie junge Erwachsene sich von Teenagern unterscheiden

Man ist versucht anzunehmen, dass die Richtlinien aus unserem Bericht über das Gestalten für Teenager auch auf das Gestalten für junge Erwachsene zutreffen würde - insbesondere da die jüngsten jungen Heranwachsenden (18 Jahre alt) eigentlich Teenager sind.

Allerdings haben wir herausgefunden, dass junge Erwachsene andere Verhaltensweisen an den Tag legen als die Teens, die wir studiert hatten.

  • Während Teens an Sites mit interaktiven Merkmalen wie Spielen und Quiz Gefallen finden, mögen junge Erwachsene Interaktivität nur, wenn es einem Zweck dient und ihrer momentanen Tätigkeit zuträglich ist.
  • Teenager neigen dazu, schlechte Leser zu sein und sie bevorzugen Nicht-Text-Alternativen wie Multimediainhalte. Einige junge Heranwachsende, insbesondere Hochschulstudenten, sind starke Leser, aber sie mögen es trotzdem nicht, grosse Textmengen online zu lesen. Sie bevorzugen Inhalte, die leicht zu überfliegen sind.
  • Eine Site für Teenager wird nicht den richtigen Ton für junge Erwachsene treffen. Junge Erwachsene sind im Ton sehr sensibel. Sie fühlen sich beleidigt, wenn sie annehmen, dass die Site von oben herab mit ihnen kommuniziert und werden erkennen, wenn eine Site krampfhaft versucht, „cool rüberzukommen“.
  • Junge Erwachsene sind wesentlich skeptischer gegenüber den Informationen auf Websites eingestellt. Sie verlangen mehr Nachweise zur Belegung von Behauptungen als es Teenager tun.

Wie sich junge Erwachsene von älteren Erwachsenen unterscheiden

Aufgrund des frühen Zugangs zu digitaler Kommunikationstechnologie ist die Generation Y oft der Gegenstand weit verbreiteter Fehlvorstellungen. Manche haben sogar behauptet, dass die Gehirne der digital Natives tatsächlich anders verkabelt sind als die der älteren Generationen. Bis zu einem gewissen Grad kann dies auf das uralte Phänomen des Schubladendenkens und der moralischen Panik über das Scheitern der „heutigen Jugend“ zurückgeführt werden.

In vielerlei Hinsicht sind die jungen Heranwachsenden genau wie die andere erwachsene Nutzergruppen - sie wollen einfache Interaktion, unkomplizierte Inhalte und eine nette Erfahrung. Nichtsdestotrotz gibt es einen Funken Wahrheit in der Vorstellung, dass die Generation Y etwas andere Herangehensweisen an digitale Schnittstellen hat.

  • Verglichen mit älteren Nutzern tendieren junge Erwachsene dazu, Digitalschnittstellen mit extremem Vertrauen in die eigene Fähigkeit zu durchsurfen, selbst wenn sie auf radikal neue Designmuster stossen.
  • Als Konsequenz ihres Selbstvertrauens sind junge Erwachsene fehleranfällig bei der Nutzung von Schnittstellen. Sie klicken häufig erst und stellen später die Fragen.
  • Zudem geben junge Erwachsene sich selbst selten die Schuld, wenn etwas daneben geht - im Gegensatz zu älteren Nutzern. Sie sehen Usability Probleme typischerweise als Fehler der Site an und werden manchmal das Unternehmen kritisieren, das die Site repräsentiert.
  • Viele dieser jungen Heranwachsenden sind an der Seite von Google aufgewachsen. Sie nehmen schnell Google als einen Bezugspunkt für Nutzerfreundlichkeit und Einfachheit. Junge Erwachsene mögen oft sehr divergierende Meinungen über die visuelle Wirkung von Websites haben als ältere Erwachsene (siehe unsere Umfrage zu Flat Design, welche  das ‘Microsoft Desirability Toolkit‘ nutzte).

Diese Unterschiede unterstreichen die Wichtigkeit des Testens von Schnittstellen mit repräsentativen Nutzern.

Die Zeit wird zeigen, ob sich das Verhalten dieser Gruppe junger Erwachsener mit dem Alter ändern wird. Wir mögen sehen, dass das Alter ihre Impulsivität und Selbstbewusstsein im Umgang mit digitalen Schnittstellen reduzieren wird. Trotzdem werden die einzigartigen Kindheitserfahrungen dieser Generation digitaler Muttersprachler wahrscheinlich ihre Vorlieben und Erwartungen weiterhin beeinflussen.

Wie junge Erwachsene soziale Medien nutzen

Weil junge Erwachsene heftige Nutzer sozialer Medien sind, nehmen Designer, die die Generation Y ansprechen wollen, fälschlicherweise oft an, dass sie eine starke Präsenz in sozialen Medien haben müssen.

Unternehmen sollten sich nicht nur aus Angst, zurückzubleiben, auf soziale Medien einlassen. Junge Erwachsene sehen soziale Netzwerke eher als Orte, um mit Freunden und der Familie zu interagieren oder um (gelegentlich) neue Leute zu treffen - anstatt als eine Schnittstelle zu Unternehmen und Betrieben.

Der beste Weg, um junge Erwachsene über soziale Medien zu erreichen und als Anhänger anzuwerben ist durch das Angebot echter Werte. Fokussieren Sie auf den steten Aufbau einer Beziehung und übersättigen Sie nicht ihre sozial-medialen Kontaktersuchen. Die Beiträge Ihres Unternehmens sollten interessant und relevant für die Nutzer sein - nicht nur Informationen, die Sie intern für interessant erachten.

Keine signifikanten internationalen Unterschiede

Wir haben mit englischsprachigen Teilnehmern in 7 Ländern getestet und viele dieser Teilnehmer waren wiederum in einem anderen Land geboren und aufgewachsen. Trotzdem haben wir keine grossen Unterschiede in den Verhaltensmustern der jungen Erwachsenen finden können. Die in diesem Bericht dargestellten Richtlinien haben globale Gültigkeit. (Wir finden selten Verhaltensunterschiede in verschiedenen Ländern bei Nutzer-Tests.)

Anmerkung der Übersetzung: Unterschiede im Europäischen Kontext sind meistens signifikant. Alleine im DACH-Bereich erkennen wir bei unseren Studien regelmässig signifikante Unterschiede im Nutzerverhalten (CH/D/Österreich).

Altersunterschiede oder Generationsunterschiede?

Es ist vernünftig nachzufragen, ob unsere Untersuchungsergebnisse und die daraus resultierenden UX Designempfehlungen auf inhärenten Unterschieden zwischen den Nutzern verschiedener Altersgruppen (z.B. 20-jährige vs. 40-60-jährige) oder auf Generationsunterschieden (z.B. Generation Y vs. Generation X oder Boomgeneration) basieren. Die Unterscheidung hat momentan keine praktischen Implikationen: wenn Sie eine Website gestalten und einen jungen Leserkreis ansprechen wollen, sollten Sie den gleichen Richtlinien folgen, ob diese nun auf dem Alter oder der Generation der User basieren. Denn die beiden Sammlungen von Richtlinien sind im Moment gleich. 

In zwanzig Jahren, wenn viele der Generation Y 40-50 Jahre alt sind, wird dies natürlich eine andere Geschichte sein. Dann werden Designrichtlinien für Erwachsene User und Designrichtlinien für die Generation Y wahrscheinlich verschieden sein. Sie können dann wieder bei uns nach aktualisierten Forschungen bzgl. dieser Frage schauen sobald es möglich geworden ist, die beiden Gruppen getrennt voneinander zu untersuchen.


© Deutsche Version. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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