Verfügbarkeit in der Cross-Channel Experience
Unterstützen Sie die geläufigsten Aktivitäten nicht nur auf ein paar wenige Channels, sondern auf allen. Und versuchen Sie, auch sogenannte zweitrangige Funktionen zur Verfügung zu stellen.
by Janelle Estes (deutsche Übersetzung) - 16.03.2014
Nutzer können mit einem Unternehmen über verschiedene Kanäle interagieren. Und es kann durchaus sein, dass sie abhängig von der persönlichen Vorliebe oder aus Gründen des Komforts einen Kanal zu einem bestimmten Zeitpunkt bevorzugen. Aus diesem Grund können wir bestimmte Funktionen und Aktivitäten nicht auf einen spezifischen Kanal beschränken.
Stattdessen müssen wir davon ausgehen, dass die Nutzer die wichtigsten Funktionen gegebenenfalls auf jedem Kanal nutzen wollen. Deshalb müssen wir sie auch auf jedem Kanal zur Verfügung stellen.
Unsere Nutzerforschung für den ganztägigen Kurs zum Thema Cross-Channel-Experience hat 4 Schlüssel-Elemente für eine brauchbare Cross-Channel-Experience identifiziert:
- Konsistent
- Nahtlos
- Verfügbar
- Kontextspezifisch
Der vorliegende Artikel beschäftigt sich damit, warum die Verfügbarkeit - also die Unterstützung der Funktionen auf allen Kanälen - für die Cross-Channel-Experience wichtig ist.
Die Bedeutung der Verfügbarkeit
Nutzer erwarten, dass sie eine gewünschte Funktion im Kanal ihrer Wahl nutzen zu können. Wenn sie in einer Sackgasse landen, sind sie frustriert.
Wenn eine Funktion nicht im bevorzugten Kanal genutzt werden kann, müssen sie auf einen anderen Kanal ausweichen. Zwischen den Kanälen zu wechseln, kostet Zeit, ist zeitaufwändig und umständlich. (Dies setzt allerdings voraus, dass die Nutzer einen anderen Kanal überhaupt erst ausprobieren. Manchmal ziehen Nutzer auch den falschen Schluss: "Wenn es im Kanal A nicht funktioniert, wird es im Kanal B auch nicht funktionieren.")
Wenn der Kanal, auf den sie ausweichen, ein anderes Nutzererlebnis bietet als die vorige Interaktion mit dem Unternehmen, müssen Nutzer die Funktionen gegebenenfalls in einem nicht vertrauten Design nutzen. Eine solche Inkonsistenz bedeutet für den Nutzer Mehrarbeit und schadet unter Umständen der Marke.
Die wichtigsten Funktionen identifizieren und ihnen Rechnung tragen
Um festlegen zu können, welche alltäglichen Funktionen eine Unterstützung in allen Kanälen erfordern, müssen Unternehmen in die Nutzerforschung investieren. Sowohl in die qualitative Nutzerforschung (Feldforschung, Nutzerstudien, Fokusgruppen) als auch die quantitative Nutzerforschung (Webanalysen, Konversationsraten etc.) erlauben den Designern, herauszufinden, was die Nutzer typischerweise in jedem Kanal machen (bzw. nicht machen).
Die Quantitative Forschung bietet einen Einblick darin, was die Leute machen, hilft den Forschern aber nicht dabei, zu verstehen, warum sie das machen oder was sie machen wollen, aber nicht können, weil der Kanal diese Funktion nicht unterstützt. Die qualitative Nutzerforschung beantwortet diese Frage.
Beispielsweise kann Ihnen die quantitative Nutzerforschung sagen, wie viele Leute eine Smartphone-App herunterladen und sich in ihr Konto einloggen. Die quantitative Nutzerforschung wird Ihnen aber nicht verraten, dass einige Leute sich nicht in die App einloggen, weil sie sich nicht an ihren Nutzernamen und ihr Kennwort erinnern können und ihre Nutzerdaten nicht innerhalb der App wiederherstellen oder zurücksetzen können.
Die qualitative Nutzerforschung, also eine Feldstudie, eine Longitudinalstudie oder sogar eine laborbasierte Usability-Studie können den Designern diesen Einblick geben. (Tatsächlich beobachten wir in fast allen unseren Usability-Tests, dass Kennwörter oder andere Login-Informationen vergessen werden.) Es besteht also kein Zweifel daran, dass die Wiederherstellung des Kennworts eine häufige Funktion in allen Kanälen sein muss.
Wie unten dargestellt, bietet die mobile App von Spotify keine Funktion zur Wiederherstellung des Nutzernamens und des Kennworts. Man kann sein Kennwort für Spotify nur wiederherstellen oder zurücksetzen, wenn man auf die Website geht oder die Desktop- oder Tablet-Anwendung nutzt. Die mobile App von American Express dagegen ermöglicht es den Nutzern, ihre vergessenen Login-Informationen wiederherzustellen, indem sie unter den Login-Feldern den Link User ID und Kennwort vergessen nutzen.
Einen Nutzernamen oder ein Passwort wiederherzustellen, ist eine häufige Funktion auf allen Seiten und bei allen Services. Die mobile App von American Express unterstützt diese Funktion, die App von Spotify dagegen nicht - hier müssen die Nutzer auf einen anderen Kanal ausweichen.
Ein weiteres Beispiel ist Netflix. Hier können die Nutzer auf dem Tablet und in der mobilen App nicht auf ihre DVD-Warteschlange zugreifen. Stattdessen müssen sie die Website besuchen. Die Nutzer möchten ihre Warteschlange wahrscheinlich in allen Kanälen nutzen, diese Aktivität auf die Website zu beschränken, hindert die Nutzer also daran, den Service im Kanal ihrer Wahl zu nutzen.
Alltägliche Funktionen werden nicht in allen Kanälen unterstützt
Es gibt natürlich Dinge, bei denen es keinen Sinn macht, den Nutzern die Nutzung in allen Kanälen zu ermöglichen. Unter solchen Umständen liegt die Priorität darauf, zu gewährleisten, dass die Nutzer ein für den Kanal passendes Erlebnis haben. Es gibt zwei wesentliche Gründe, warum ggf. nicht alle häufigen Funktionen in jedem Kanal unterstützt werden:
- Das Erlebnis würde erheblich beeinträchtigt werden. Jeder Kanal hat seine Stärken und Schwächen, und das Erlebnis sollte für den Kanal optimiert werden. Einige Interaktionen sind zu komplex für einige Kanäle. Es wäre beispielsweise zu umständlich, die Nutzer-Listen in einer eBay-App auf der Smartwatch durchsuchen zu lassen - der Aufwand für die Interaktion (engl.) wäre zu hoch. Diese Interaktion eignet sich besser für einen grösseren Bildschirm.
- Die Funktion ist in einigen Kanälen alltäglich, aber nicht in allen Kanälen. Einige Aktivitäten werden in der Regel auf bestimmten Kanälen ausgeübt, und es ist für die Nutzer nicht erforderlich, dass die Funktionen auf allen Kanälen unterstützt wird, bzw. ihnen auf allen Kanälen Priorität eingeräumt wird.
Die oben angeführten Aspekte sollten sorgsam bedacht werden, wenn man diskutiert, welche Funktionen in welchen Kanälen unterstützt werden. Aber Sie dürfen diese Aspekte bitte nicht als Entschuldigung dafür verwenden, in einem Kanal keine Funktionalität anzubieten. Sagen Sie nicht "Das wird zu schwierig". Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Den Nutzern zu erlauben, eine Funktion in einem Kanal zu ermöglichen, ist viel Arbeit. Die Entwicklung und der Support sind teuer und es kann eine Herausforderung sein, intern dafür die Mittel und die Unterstützung zu bekommen.
Es ist wichtig, dass Teams verstehen, welche Auswirkungen es auf das Nutzererlebnis hat, wenn Funktionen nicht verfügbar sind. Und es ist auch wichtig, dass man den Nutzer hilft, auf den Kanal zu gelangen, der die gewünschte Funktion anbietet.
Für ein besseres Nutzererlebnis in einen anderen Kanal leiten
Wie oben gezeigt, sollten Funktionen nicht in einem Kanal unterstützt werden, der keine gute User Experience bietet. Wenn die Interaktion zu schwierig ist oder zu viel Aufwand seitens des Nutzers erfordert, dann sollte der Nutzer die Möglichkeit haben, problemlos in einen Kanal zu wechseln, der sich besser für die Funktion eignet.
Beispielsweise wäre es viel Arbeit, eine E-Mail auf einer Smartwatch zu lesen. (Und die Forschung hat gezeigt, dass die Verständnisraten auf kleineren Bildschirmen sinken.) Es macht mehr Sinn, diese Aufgabe auf einen grösseren Bildschirm zu verlagern. Die Smartwatch-E-Mail-App von Samsung ermöglicht es den Nutzern, die Betreffzeile zu lesen sowie die ersten paar Worte der E-Mail. Dann können die Nutzer einen Button auf dem Bildschirm antippen, um die Nachricht auf dem entsprechenden Telefon weiterzulesen.
Die E-Mail-App auf der Smartwatch von Samsung zeigt die Betreffzeile an sowie einen Button, um den Rest der E-Mail auf dem zugewiesenen Gerät zu lesen.
Funktionen unterstützen, die in anderen Kanälen häufig vorkommen
Einige Aktivitäten werden nicht in jedem Kanal ausgeführt: Sie werden typischerweise nur in wenigen Kanälen ausgeübt. In diesen Fällen ist es unverzichtbar, einen Übergang zu dem Kanal anzubieten, der diese Aktivitäten unterstützt.
Beispielsweise können Leute, die Uber nutzen (ein On-Demand-Autoservice), eine Abholung in der mobilen App, auf der mobilen Website oder mit einer Textnachricht anfordern, jedoch nicht auf der Desktop-Seite von Uber. Vermutlich hat Uber Nutzerforschung durchgeführt und herausgefunden, dass die Nutzer diesen Service unterwegs in Anspruch nehmen. Die Desktop-Seite bietet jedoch Links, um die App herunterzuladen, zur mobilen Seite zu navigieren oder eine Textnachricht zu senden, um eine Fahrt anzufordern. Dadurch unterstützt der Anbieter den Übergang zu diesen verschiedenen Kanälen.
Die Desktop-Seite von Uber unterstützt die Funktion, eine Fahrt anzufordern, nicht, weil die Leute normalerweise nicht vor einem Laptop oder Computer sitzen, wenn sie von einem Ort zu einem anderen Ziel müssen. (Diese Seite könnte allerdings verbessert werden, indem man Informationen dazu bietet, wohin man die Textnachricht senden muss.)
Um beim Beispiel von Uber zu bleiben, da können die Nutzer zu einem geeigneten App-Store navigieren, um die App herunterzuladen. Obwohl das eine hübsche Methode ist, die Leute zu einem anderen Kanal umzuleiten, hat Audiobooks.com ein noch reibungsloseres Erlebnis entwickelt, indem die mobile App auf der Desktop-Website beworben wird. Diese Seite erlaubt es den Nutzern, einen Link zur App per E-Mail an sich selbst zu verschicken, was es leichter macht, schnell in einem App-Store auf die App zuzugreifen. Anstatt den Nutzer zu zwingen, auf einem mobilen Gerät von vorne anzufangen, bietet die Seite ihren Nutzern einen Shortcut. Sobald sie die E-Mail auf Ihrem Smartphone haben, müssen sie nur noch zwei Mal klicken (einmal in der E-Mail und einmal im App-Store), um die App zu bekommen.
Audiobooks.com bietet seinen Nutzern die Möglichkeit, eine E-Mail mit dem Link zum Herunterladen der mobilen App an sich selbst zu schicken. Die Nutzer können in der E-Mail-App auf ihrem Smartphone auf den Download-Link klicken (statt sie erst im App-Store suchen zu müssen), um die App schnell auf ihr Telefon herunterzuladen.
Zweitrangige Funktionen und Funktionen mit niedrigerer Priorität
Aufgaben mit niedrigerer Priorität sind Funktionen, die die Nutzer in einem Kanal nutzen, aber nicht sehr häufig. Unternehmen sollten auf das Ziel hinarbeiten, auch diese zweitrangigen Funktionen anzubieten. In der Zwischenzeit sollten sie, wenn Nutzer versuchen, eine Funktion in einem nicht unterstützten Kanal zu nutzen, Informationen dazu bieten, auf welchem Kanal sie diese Aktivität ausüben können.
Beispielsweise wandte sich ein Nutzer auf der Website von Rite Aid an einen Mitarbeiter des Chats, weil er die Telefonnummer aktualisieren wollte, die mit seinem Rewards-Konto verknüpft ist. Die Mitarbeiterin des Chats konnte seine Anfrage nicht bearbeiten, gab ihm aber eine kostenfreie Telefonnummer, so dass der Nutzer sich dort an einen Mitarbeiter des Kundenservices wenden konnte, um sein Konto zu aktualisieren. Das ist eine gute Ausweichlösung, bis diese Aktivität im Onlinechat unterstützt wird. Noch besser wäre es jedoch gewesen, wenn die Mitarbeiterin des Chats ihm eine URL zu dem Bereich seines Kontos auf der Website hätte geben können, wo der Nutzer die Änderung selbst hätte vornehmen können.
Kontoinformationen zu aktualisieren, ist wahrscheinlich eine zweitrangige Funktion oder eine Funktion mit niedrigerer Priorität für die Nutzer von Rite Aid, die sich im Chat an das Unternehmen wenden. Obwohl diese Funktion im Chat-Kanal nicht unterstützt wurde, wurden die Nutzer auf einen anderen Kanal (Kanal oder Website) umgeleitet, wo sie sie nutzen konnten.
Der Mitarbeiter im Chat von Rite Aid konnte die mit dem Rewards-Konto des Nutzers verknüpfte Telefonnummer nicht verändern, aber sie gab im eine kostenfreie Telefonnummer, so dass der Nutzer jemanden erreichen konnte, der ihm behilflich sein konnte.
Aufmerksamkeit auf neue Features und Funktionalitäten lenken, wenn sie häufige Funktionen unterstützen
Wenn neue Features oder Funktionalitäten eingeführt werden, die eine häufige Aufgabe unterstützen, sollten Sie unbedingt Aufmerksamkeit dafür wecken. Wenn die Nutzer eine der wichtigsten Funktionen jetzt in einem neuen Kanal nutzen können, ist eine E-Mail oder eine Ankündigung auf der Homepage angemessen. Wenn die Nutzer eine Funktion mit einer niedrigeren Priorität jetzt in einem neuen Kanal nutzen können, ist eine subtilere Ankündigung passender.
Als beispielsweise JetBlue seinen mobilen Kunden ermöglichte, ihre Bordkarte direkt auf ihrem Telefon vorzuzeigen (anstatt sie auszudrucken oder an den Ticketschalter gehen zu müssen), verschickte das Unternehmen eine E-Mail. Das ist eine der wichtigsten Funktionen, die die Nutzer gerne auf ihrem Handy nutzen können wollen, also war es angemessen, dass via E-Mail anzukündigen.
Eine E-Mail von JetBlue bewarb ein neues Feature, das in der mobilen Anwendung verfügbar war: Bordkarten.
Die Firma Yelp dagegen, als sie ihren Nutzern ermöglichte, Bewertungen in der mobilen App zu schreiben, kündigte dieses neues Feature an, indem sie den Nutzern eine Nachricht anzeigte, wenn sie sich in der mobilen App die Informationen zu einem Geschäft ansahen. Das ist angemessen, weil das Schreiben von Bewertungen ein hübsches Zusatzfeature ist, das für die meisten Nutzer eine Funktion mit niedrigerer Priorität darstellt. (Es gibt viel mehr Leute, die Bewertungen lesen, als Leute, die Bewertungen schreiben.) Top-Funktionen würden sich den durchschnittlichen Ratings der Bewertungen widmen, oder den Details zu den Ratings. Dies kann der Nutzer auch innerhalb der App durchführen.
Die App Yelp erwähnte ein neues Feature, als der Nutzer sich Informationen zu einem nahen Jamba Juice ansah.
Verfügbar: 1 von 4 empfohlenen Cross-Channel-Eigenschaften
Da die Leute weiterhin auf eine Vielzahl von Kanälen und Geräten zurückgreifen werden, ist es wichtig, dass Firmen die Übergänge von einem Kanal zum anderen praktisch gestalten und nicht einschränken, was der Nutzer innerhalb jedes Kanals machen kann. Die wichtigsten Funktionen sollten in allen Kanälen unterstützt werden, und die Unternehmen sollten auf das Ziel hinarbeiten, auch zweitrangige Aktivitäten und Aktivitäten mit einer niedrigeren Priorität zu integrieren. In der Zwischenzeit sollten Sie nahtlose Übergänge zu anderen Kanälen anbieten, wenn die Nutzer versuchen, eine Funktion in einem Kanal zu nutzen, der nicht optimal ist oder die Aktivität nicht unterstützt.
Das Cross-Channel-Nutzererlebnis muss nicht nur verfügbar sein, sondern auch konsistent, nahtlos und für den Kanal optimiert. Unser ganztägiger Kurs zur Cross-Plattform-UX vertieft diese empfohlen Charakteristika im Einzelnen.
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