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23.11.2013

Reibungslose Cross-Channel Nutzererlebnisse

Ein durchgängiges Nutzererlebnis, unabhängig von Kanal oder Gerät, ist eine der vier Vorbedingungen für ein nutzerfreundliches Cross-Channel Erlebnis. Wettbewerbsvorteile haben diejenigen Firmen und Organisationen, die ihren Nutzern erlauben, bei der Erledigung einer Aufgabe den Kanal beliebig zu wechseln.

2 Personen mit Laptop und Tablet

© Robert Kneschke - Fotolia.com

 

by Janelle Estes (deutsche Übersetzung) - 24.11.2013

 

Das Erlebnis als Ganzes gestalten und nicht nur eine einzelne Interaktion

Oft schliessen die Nutzer eine Aktivität nicht in einer einzelnen Sitzung oder auf einem einzelnen Kanal ab.

  • In manchen Situationen können die Nutzer eine Aktivität nicht in einem Durchgang abschliessen, weil sie unterbrochen werden.
  • In anderen Fällen wechseln Nutzer von einem digitalen Kanal zu einem anderen, etwa von der Website zum Online-Chat.
  • Oder sie wechseln freiwillig oder gezwungenermassen von der digitalen Welt in die physische Welt - und umgekehrt.

Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass Firmen und Organisationen ein nahtloses Erlebnis anbieten, wenn Nutzer an einem Kanal zu einem anderen wechseln, um ihre Aktivitäten abzuschliessen. Die Kontinuität des Erlebens wird immer wichtiger, da die Grenze zwischen der digitalen mit der physischen Welt weiterhin unscharf bleibt.

Hilfe für Nutzer, die unterbrochen wurden

In manchen Situationen zwingt Zeitmangel oder eine Ablenkung die Nutzer dazu, eine Aufgabe aufzuschieben. Diese Unterbrechungen können

  • innerhalb des Kanals auftreten (zum Beispiel durch eine aufpoppende Anzeige, die einen Teil des Nutzerbildschirms überdeckt),
  • von einem anderen Kanal ausgehen (zum Beispiel einem Telefonanruf, der den Nutzer bei seiner Online-Recherche unterbricht),
  • von der Umwelt (zum Beispiel einem Mitarbeiter, der die Nutzerin unterbricht, während sie gerade auf ihrer mobilen News-App einen Artikel liest), oder
  • vom Individuum selbst (zum Beispiel wird der Nutzer durch eine andere Aufgabe, etwa dem Überfliegen seiner E-Mails, abgelenkt, während er gerade ein Online-Trainings-Video anschaut).

Solche Unterbrechungen können bewirken, dass Nutzer ihre Aktivität auf einem Kanal oder Gerät abbrechen und später auf einem anderen wieder aufnehmen. Die Nutzer sollten dort weitermachen können, wo sie aufgehört hatten, unabhängig vom Gerät oder Kanal, auf dem sie ihre Aktivität fortsetzen.

Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie sehen im Flughafen auf Ihrem Laptop über Amazon Prime eine Fernsehshow oder einen Film. Es ist Zeit, Ihr Flugzeug zu besteigen; Sie stoppen das Programm und schalten Ihren Laptop aus. Wenn Sie nun, während Sie auf den Start Ihres Flugzeuges warten, die Amazon-Prime-App auf Ihrem Handy oder Tablet öffnen, fährt die Episode genau an der Stelle fort, an der Sie aufgehört hatten, als Sie das Programm auf einem anderen Gerät laufen liessen.

Wie die Screenshots zeigen, ist das Nutzererlebnis auf dem Tablet besser als das Handy-Design, aber in beiden Fällen liefert Amazon ein nahtloses cross-channel Erlebnis, wie wir es empfehlen.

Amazon-Prime auf einem Tablet Amazon-Prime auf einem Smartphone

Das Amazon-Prime-Nutzererlebnis auf Tablet und Handy erlaubt den Nutzern, eine Episode oder einen Film genau an der Stelle weiter zu sehen, an der sie aufgehört hatten, unabhängig vom Gerät, das sie vorher benutzt haben. Auf dem Tablet erscheint deutlich sichtbar ein Button "Resume Episode 1" ("Episode 1 fortsetzen"). Auf dem mobilen Gerät erscheint, weniger gut sichtbar, ein grüner Fortschrittsbalken, der anzeigt, dass die Episode teilweise gesehen wurde.

Vergleichen wir dieses Erlebnis mit Pandora, einem personalisierten Musik-Streamingdienst. Stellen Sie sich vor, Sie hören während einer Autofahrt auf Ihrem Mobilgerät einen Musiksender. Sie setzen sich an Ihren Computer und rufen die Pandora-Website auf. Der Sender, den Sie auf Ihrem mobilen Gerät gehört haben, wird nicht gespielt. Stattdessen wird der Musikkanal gespielt, den Sie zuletzt auf Ihrem Computer gehört hatten. Dieses Erlebnis stellt keine Kontinuität zwischen Kanälen und Geräten her.

Möglicherweise möchten die Nutzer in verschiedenen Umgebungen (im Auto, im Fitnessstudio, im Büro, zu Hause) gar nicht die gleichen Musikstationen hören. Das herauszufinden, wäre ein Thema für Nutzerforschung. Bei vielen Projekten allerdings gibt es Schwierigkeiten beim Kanalwechsel, weil man nicht an diese Ebene des Nutzererlebens gedacht hat, die sich oberhalb der jeweiligen Nutzeroberflächen-Designs befindet.

Nutzer unterstützen, wenn sie von der digitalen Welt in die physische Welt wechseln

Nicht nur nach Unterbrechungen müssen wir für ein nahtloses Erlebnis sorgen, wir müssen auch auf Nutzer achten, die sich zwischen verschiedenen digitalen Kanälen oder der digitalen und der physische Welt hin- und herbewegen. Das tun Nutzer, wenn

  • sie von der digitalen in die physische Welt wechseln wollen oder umgekehrt. Zum Beispiel findet ein Käufer ein Paar Schuhe, dass er kaufen möchte. Auf der Website konsultiert er den Kundendienst-Chat, um nachzusehen, ob ein nahe gelegenes Geschäft die Schuhe führt, nachdem er diese Information auf der Website nicht finden konnte. Er besucht das Geschäft, um die Schuhe anzuprobieren. Er kauft die Schuhe und entscheidet sich dafür, dass ihm die Rechnung per E-Mail zugesandt wird. (Er hätte die ganze Bestellung online abwickeln können, wollte stattdessen aber lieber ins Geschäft gehen.)
  • der Ablauf es erfordert, dass sie von der digitalen Welt in die physische Welt wechseln oder umgekehrt. Zum Beispiel kauft ein Nutzer eine Kinokarte auf der Website des Kinos über seinen Computer. Auf dem Weg zum Kino benutzt er eine mobile Anwendung, um einen Sitzplatz auszuwählen und das Ticket anzuzeigen.

Abläufe, die es erfordern, dass Nutzer von der digitalen Welt in die physische Welt wechseln

Hier ein paar Beispiele, um das zu illustrieren. Eine Nutzerin in unserer Studie hat per E-Mail einen Gutschein der California Pizza Kitchen bekommen. Die E-Mail hat ihr angezeigt, dass ein neuer Gutschein in der Pizzakassen-App von California Pizza Kitchen auf Ihrem Handy angekommen ist. Um den Gutschein einzulösen, musste sie in ein Restaurant gehen und sich über die App im Restaurant einchecken. Nach dem Einchecken bekam sie einen Code, um ihn an den Kellner weiterzugeben.

Die mobile App von California Pizza Kitchen verwaltet Gutscheine und Belohnungen, aber das Erlebnis ist nicht so nahtlos, wie es sein könnte.

Dieser Ablauf war recht einfach, könnte aber glatter gestaltet werden. Anstatt, dass sich die Nutzerin einchecken lassen muss, um einen Gutschein-Code für die Weitergabe an den Kellner zu bekommen, wäre es einfacher gewesen, innerhalb der App einen Gutschein-Code auszugeben, den man sich merken kann (z.B.: SAVE10), und den sie dann einfach dem Kellner hätte sagen können. Das hätte der Nutzerin zwei Schritte erspart: das Einchecken im Restaurant und das Erinnern des Codes oder das Vorzeigen des Codes auf ihrem Handy. Noch besser wäre es, der Gutschein-Code würde gleich mit der Original-E-Mail ausgeliefert, die Nutzerin hätte ihn ausdrucken oder auf ihr Handy ziehen und so ins Restaurant mitnehmen können. In einer perfekten Welt würde die Nutzerin einfach den Code aus ihrer E-Mail vorsagen, weil sie ihn sich merken könnte.

Natürlich liefert California Pizza Kitchen einmalige Codes an ihre Kunden aus, damit man nachvollziehen kann, wann welche Kunden ihre Gutscheine einlösen. Allerdings sollten sie den einmaligen Code auch dazu nutzen, im Konto des Kunden die ausgegebene Gesamtsumme zu aktualisieren, soweit dies die Gutscheine beeinflusst, die dem Kunden geschickt werden. Leider hat die Nutzerin in unserem Studienbeispiel keine Gutschrift für das Geld bekommen, das sie bei dieser Mahlzeit ausgegeben hat.

Freiwillig von der digitalen Welt in die physische Welt

Ein reibungsloseres Erlebnis gibt es bei The Home Depot. In unserer Studie hat ein Nutzer auf der Website von The Home Depot nach einem Akkuschrauber gesucht und dabei seinen Arbeitsplatzrechner benutzt. Er fand einen Akkuschrauber, an dem er interessiert war, und überprüfte, ob er in einem nahe gelegenen Geschäft vorrätig war. Da das der Fall war, entschied er sich, ins Geschäft zu gehen, um ihn zu erwerben. Er schickte die Produktinformationen per E-Mail an sich selbst (wobei er die E-Mail-Funktion auf der Produkt-Detailseite nutzte). Als er im Laden ankam, öffnete er die E-Mail auf seinem Handy und klickte auf den Link in der Mail. Die Produktdetailseite wurde geladen und zeigte ihm den Gang an, in dem sich der Akkuschrauber befand, sowie die Anzahl der dort vorrätigen Geräte.

Website von The Home Depot

Die Website von The Home Depot gestattet den Nutzern zu überprüfen, ob Produkte in den Geschäften vor Ort vorrätig sind. Das erspart den Leuten einen Telefonanruf (oder eine Fahrt zum Geschäft), um nachzusehen, ob das Objekt im nahe gelegenen Geschäft vorrätig ist.

Website von The Home Depot auf einem Smartphone

Die Website von The Home Depot sagt den Nutzern, in welchem Gang das Produkt sich befindet.

Im Vergleich zum Einlösen eines Gutscheins bei California Pizza Kitchen ist das Erlebnis dieses Nutzers beim Wechsel von der digitalen in die physische Welt ziemlich nahtlos. Der Nutzer wurde nicht durch überflüssige Abläufe aufgehalten. Dazu lieferte die mobile Website ihm einige wichtige kontextspezifische Informationen: die Anzahl der vorrätigen Produkte und den Gang, wo er sich finden konnte.

Nahtlosigkeit ist eine von vier empfohlenen Charakteristiken des Kanalwechsels

Unsere Nutzerforschung für den Tageskurs zum Thema kanalübergreifendes Nutzererlebnis hat vier Schlüssel-Eigenschaften für dieses Erlebnis identifiziert:

Wenn Firmen und Organisationen das übergreifende Nutzererlebnis gestalten, ist es wichtig, über den Weg nachzudenken, auf dem ein Nutzer seine Aktivität abschliesst. In vielen Fällen schliessen Nutzer ihre Aktivitäten über mehrere Kanäle und mehrere Stunden, Tage oder gar Wochen hinweg ab. Firmen, bei denen man seine Aufgabe auf jedem Gerät fortsetzen kann, unterscheiden sich positiv von Firmen, die ein umständliches und abgehacktes Erlebnis bieten.

 

© Deutsche Version von Jakob Nielsens Alertbox. Institut für Software-Ergonomie und Usability AG. Alle Rechte vorbehalten.

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